Im Himmel der Mond – auf der Welt die Musik

Tanztheater für die Allerkleinsten beim Tanzfestival Szene bunte Wähne

Zwei Produktionen, die unterschiedlicher nicht sein hätten können, wurden anlässlich des 18. internationalen Szene bunte Wähne Tanzfestivals für ein junges Publikum im Dschungel Wien gezeigt. Zwei Produktionen für die Allerkleinsten.

Moon Awooh

Moon Awooh nennt sich die eine des theater.nuu. 35 Minuten, in denen die Kleinen auf eine nächtliche Reise zum Mond und wieder zurück mitgenommen werden. Sarah Gaderer und Laura-Lee Röckendorfer führten dabei Regie und wurden auf der Bühne mit Laura Nöbauer zu einem einfühlsamen Trio. Das erzählt in klaren und zugleich poetischen Bildern, wie das so ist, wenn der Tag zur Nacht wird und der Mond am Himmel erscheint. Wie man beim Schäfchenzählen einschlafen kann, und vergeblich immer wieder und wieder versucht, den Mond mit den eigenen Händen zu fangen.

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Moon Awooh_theaternuu (c) Lukas Maul

 

Dabei werden sie von einer feinen Lichtregie unterstützt, die den Raum sanft verdunkelt, ohne dass jedoch Angstgefühle aufkommen müssen. „Der Mann im Mond“ sitzt, ausstaffiert mit einem Akkordeon, über lange Strecken auf seiner hölzernen Mondsichel und spielt dabei ein wunderbares Schlaflied oder betätigt einfach ein kleines Windspiel, das sanft erklingt. Nach Vanillepudding schmeckt er, und nach Zitrone – der Mond natürlich. Und vor dem Schlafengehen gibt es einen herrlich duftenden Kakao. Nachdem die Tänzerinnen mit ihren Trinkhalmen hörbar in ihren Kakao blasen, lässt es sich ein kleiner Dreikäsehoch nicht nehmen, sie lautstark darüber aufzuklären, dass man so ja nicht trinken kann! Von Mondschnecken, Mondkälbern und der Milchstraße erfahren die Zwerge genauso wie von der blauen Farbe, die nachts alles verdunkelt. Reiscracker werden zu Minimonden und ihre Brösel, die auf den Boden verstreut werden, markieren die Milchstraße. Am Ende gibt es noch ein illusionistisches Sterneballett aus kleinen, pendelnden Glühlampen.

Die winzigen Pölster, die zu Beginn an die Kinder ausgeteilt wurden, werden im Eintausch gegen einen warmen Kakao wieder zurückgegeben. Schön, dass es schon bald Abend wird! Eine sehr gelungene Produktion, die vor allem durch ihre kindgerechte Bildsprache die Jüngsten in ihren Bann zieht. Selten hat eine kleine Produktion so viel Wärme und Kuschelgefühle erweckt wie diese.

Adams Welt

Eine ganz andere Idee verfolgt das GRIPS Theater aus Deutschland in einer Koproduktion mit der Szene Bunte Wähne. In „Adams Welt“ geht es musikalisch ganz schön zur Sache. Alessa Kordeck, George Kranz, der auch für den musikalischen Part verantwortlich ist, Jens Mondalski und Regine Seidler nehmen die Kinder mit auf eine Reise in viele unterschiedliche Szenerien. Doch zuerst muss sich Adam (George Kranz) erst einmal Gehör verschaffen. Die beständig anschwellende Kakophonie wird ihm schließlich zu laut und so ruft er aus Leibeskräften: „Schluss – alles soll weg sein“. Nicht verwunderlich, dass sich dabei eines der Kinder so erschreckt, dass es zu weinen beginnt.

Unterschiedlich lange Kartonrohre, teilweise miteinander verbunden und zu richtigen Türmen aufgebaut, bilden die Szenerie. Anfangs noch offen, werden sie bald wie ein Schutzwall aufgestellt. Darin sitzt das Publikum auf kleinen Bankreihen und verfolgt das muntere Treiben der beiden Männer und der beiden Frauen. Sie brechen auf auf eine Insel, die so klein ist, dass sie sich darauf eng aneinander drängeln müssen, marschieren anschließend an einem Seil hintereinander durch unwirtliches Gelände und beleben alsbald das graue Kartonumfeld mit grünen Gräsern, die sie daraus hervorzaubern.
Musik ist ihr ständiger Begleiter, mit plum-plum lassen sie einen kleinen Walzer erklingen bis Adam plötzlich schwer Luft bekommt. Eine kleine Auszeit gönnt er sich – dann treten zwei lustig anzusehende Fabelwesen auf von denen eines schließlich ein riesiges Ei fallen lässt. Und schon wieder wird getanzt und getrommelt, der Rhythmus mit einer winzigen eiförmigen Rassel unterstützt, die sich aus dem zuvor gelegten Riesenei herausschälen ließ. Und kaum hat man sich versehen, gleiten die vier auf einem Kanu über einen Fluss inmitten einer Dschungellandschaft. Tanja Pannier sorgt für eine wunderbare musikalische Begleitung, welche die unsichtbaren Landschaften bis hin zu einem Tauchgang im tiefen, blauen Meer herrlich veranschaulichen.

Gregory Caers inszeniert mit dem Gripsensemble " Adams Welt "  Voarbfoto (c) David Baltzer

Gregory Caers inszeniert mit dem Gripsensemble “ Adams Welt “ (c) David Baltzer

Fischschwärme, Seejungfrauen und Seemonster tauchen dort auf und Regenschirme verwandeln sich unversehens in Quallen. Aber Adam scheint sich verändert zu haben. Der zuvor noch so lebenslustige, grauhaarige Mann, will nach Hause. Er will zu seinen Eltern. Und verneint, als ihm die jungen Kollegen und Kolleginnen ihm ein Ehepaar vorspielen, das ein kleines Baby in der Hand hält. Ruhig wird er erst, als „Mama und Papa“ ihn anziehen und zu einer kleinen Gitarrenmelodie aus dem Raum begleiten. Gregory Caers hat mit seiner Regie hier ganze Arbeit geleistet.

„Adams Welt“ agiert aber auch mit einem nicht nur unterschwellig transportierten Subtext, der sich allerdings nur Erwachsenen erschließen dürfte. Handelt das Stück doch von Menschen, die in die Demenz versinken, ihre Umwelt nicht mehr adäquat wahrnehmen können und schließlich in einen emotionalen Zustand zurückkehren, in dem sie sich wie Kinder benehmen. Zu erkennen ist diese zweite Interpretationsebene von Kindern freilich nicht. Viel zu weit ist ihr Erfahrungshorizont davon entfernt. Dies führt an der einen oder anderen Stelle auch dazu, dass die Dramaturgie von ihnen nicht wirklich verstanden wird, was auch aus laut hörbaren Kinderfragen zu erkennen war. „Was macht der Mann da jetzt?“ wollte ein kleines Mädchen wissen, nachdem Adam völlig desorientiert und traurig im Raum stehen blieb.

Die Inszenierung steckt voll von wunderbarer Musik, herrlichen Rhythmen und wartet mit einer Fülle von Bildern auf, die man im Kopf ganz leicht zu prächtigen Szenerien vervollständigen kann. Als einziger Wermutstropfen bleibt, dass der logische Fortgang der Geschichte dem ganz jungen Publikum nicht so leicht zu vermitteln sein wird.

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