Die Konsequenz einer Idee

F.S. und Eva Mrkvicka werden am 27. September die letzte Ausstellung dieses Jahres in ihrer sommergalerieZöbing eröffnen. Der Juli und der August führte – zwar nicht persönlich aber zumindest im Geiste – und im Ausstellungsraum der Galeristen mit Bildern – zwei Künstlergenerationen nach Zöbing. Zum einen den jungen Timur Lukas, der noch in München studiert und zum anderen Pia Mühlbauer. Grande Dame der Zeichnung in Deutschland. Beiden gemein war die Mrkvicka-Idee, direkt vor Ort in Zöbing Bilder zu fertigen, um diese sozusagen frisch vom Aquarellkasten, der Palette oder der Stiftebox weg dem Publikum zu präsentieren. Und so kam es, dass Lukas und Mühlbauer sich im Kamptal umsahen, tatsächlich ihre Eindrücke auf Papier festhielten und den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellungen erstmals zeigten. Lukas tat dies in einer hellen, bunten Farbigkeit, die an manchen Stellen auch formal an die zarten Naturabstraktionen von Max Weiler erinnern. Er war eingeladen worden, weil das Ehepaar Mrkvicka eine ähnliche Kunstauffassung im Zeichnerischen entdeckte, die sich auch beim Zeichner und Maler F.S. Mrkvicka findet.

Freundschaften in Form und Farbe

„Es ist so etwas wie eine zeichnerische Freundschaft, die man erkennt“, erläutert der Künstler-Galerist, der selbst vor Ort ein Atelier betreibt. So war es nur naheliegend, dass Lukas und Mrkvicka sogar einen gemeinsamen Raum mit kleinen Blättern bestückten. Wer gut ins Werk von Mrkvicka eingeführt ist, konnte die kleinen Arbeiten auseinanderhalten. Unbedarften jedoch ist die Unterscheidung sicherlich nicht leicht gefallen. Dass das Medium der Malerei nach wie vor nicht ausgedient hat, davon ist der junge Timur Lukas überzeugt. „Ich möchte eigentlich nichts anderes machen“ – dieses Statement überzeugt, zumal Lukas auch schon ein abgeschlossenes Studium im Bereich Kommunikationsdesign vorweisen kann. „Schon während des Studiums ist mir klar geworden, dass mich die Kunst mehr interessiert als das Design“ und so kam es, dass Lukas in München an der Akademie zu studieren begann. Timur Lukas arbeitet unter einem Halb-Synonym. Sein eigentlicher Familienname ist Bär, Timur Lukas sind seine beiden Vornamen. Ein geschickter Schachzug, vor allem im Hinblick auf eine internationale Internetoptimierung, die Schwierigkeiten mit Umlauten hat. Ernst Wilhelm Nay und Hann Trier zählen zu seinen Vorbildern, zwei Künstler, die auch F.S. Mrkvicka zu seinen Favoriten zählt. Lukas zeigte in seiner Ausstellung zart Hingehauchtes, intime Auseinandersetzungen mit der Flora des Kamptales. Seine Naturabstraktionen reihen sich oft dicht an dicht in verschiedenen Farbflächen aneinander. Sie sind mit unregelmäßigen Formen ausgestattet, die mit grafischen Elementen ergänzt werden. Wer sich den Bildern länger widmet, dem können sich neben einem blauen Himmel auch Bäume und sogar Hausstaffagen erschließen. Ein schöner Einstand im Niederösterreichischen, dem der kräftige Strich von Pia Mühlbauer diametral gegenüberstand.

Vergessene Bilder als Motivation für Neues

Zwar war es geplant, dass die Künstlerin vor Ort einige Blätter erarbeiten sollte, dass daraus aber gleich die komplette Ausstellung wurde, war einem Versehen geschuldet. Mit einer Mappe unter dem Arm, in der sich die ausgesuchten Werke für die Ausstellung befanden, machte sich Mühlbauer auf den Weg vom bayrischen Wald nach Zöbing. Erst beim Auspacken kam ein großer Irrtum ans Tageslicht. Die Mappe enthielt nur leere Blätter. Mühlbauer, Profi in ihrem Metier, war jedoch nicht zu erschüttern und schuf auf diese Art und Weise einen „Zöbingzyklus“, der seinesgleichen in der Region und darüber hinaus suchen wird. Mit kräftigem schwarzen Strich agiert die Zeichnerin auf ihren Blättern. Lässt sich ein auf Stimmungen, auf den Wind, die Bäume und Sträucher und gibt wieder, was sie sieht – aber vor allem was sie fühlt.

Das spielende Kind als Erklärungshilfe zum Begriff Mimesis

Der Titel der Ausstellung „Mimesis“ gibt einen Hinweis darauf, wie Mühlbauer arbeitet. In einer knappen Erklärung meinte sie dazu, dass mit Mimesis etwa jener Zustand gemeint sei, den ein kleines Kind empfindet, wenn es mit einem Spielzeugauto am Boden entlangfährt. Das Kind spielt in diesem Moment nicht, sondern es ist das Auto, wird eins mit dem Gegenstand. Genauso geht es Mühlbauer, wenn sie sich auf die Natur einlässt. Sie lässt sich ein auf die Gefühle des Wachsesn, des Vergehens, der Stärke oder der Fragilität von Bäumen und Sträuchern. Ausgedehnte Studienaufenthalte im Norden Europas machten sie noch sensibler auf die unterschiedlichen natürlichen Gegebenheiten, wenn es z.B. um die Betrachtung eines Waldes geht. Der Frühling ist auch für sie eine stets produktivere Zeit als der Herbst und der Winter, wenn die Natur selbst stillsteht. Die Wucht ihres Striches beeindruckt und bleibt als markantes Merkmal ihrer Arbeit im Gedächtnis. Zu erkennen sind verdichtete, knollenartige Formationen, die geschickt einen Bildteil ausfüllen, um die Leere des restlichen Blattes als Gegengewicht auszubalancieren. Zu erfühlen sind Sträucher, ein Bach, ein Horizont. Und spürbar wird ein figürliches Wesen, eine Mischung zwischen Walschrat und weiblichem Akt – oder sind es einfach nur vegetabile Verwachsungen? Durch die Weglassung der Farbe wird in den Bildern Mühlbauers der innere seelische Zustand während des Schaffensprozesses leichter nachvollziehbar. Das Innen wird zum Außen oder im Betrachtungsprozess schließlich auch umgekehrt. Das Schwarz verdichtet die Spannungen und komprimiert die gestischen Eruptionen.

In der letzten Ausstellung der Saison warten die Gemeinschaftsbilder von Peter Assmann und Rudolf Huber-Wilkoff auf ihr Publikum. Eine nicht alltägliche Kombination auf die man gespannt sein darf.

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