Ashes – Les Ballets C DE LA B

Ashes – Les Ballets C DE LA B

Michaela Preiner

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15.

Dezember 2009

Der Titel trügt nicht. Der erste Eindruck, dem der belgische Choreograph Koen Augustijnen bei seiner aktuellen Arbeit folgte, einem Aschenbelag, der sich nach dem Ausbruch des Vulkans Pinatubo auf den Philippinen auf die Häuser der umliegenden Dörfer gelegt hatte, bildet den Ausgangspunkt, und das Kernthema von Ashes. Asche, zwischen den Fingern verrinnend, sieht Augustijnen als […]

Ashes (Photo: Chris Van der Burght)

Ashes (Photo: Chris Van der Burght)

Der Titel trügt nicht. Der erste Eindruck, dem der belgische Choreograph Koen Augustijnen bei seiner aktuellen Arbeit folgte, einem Aschenbelag, der sich nach dem Ausbruch des Vulkans Pinatubo auf den Philippinen auf die Häuser der umliegenden Dörfer gelegt hatte, bildet den Ausgangspunkt, und das Kernthema von Ashes. Asche, zwischen den Fingern verrinnend, sieht Augustijnen als Symbol der Vergänglichkeit, als Symbol des nicht Aufhaltbaren. In seinem neuesten Tanzstück, aufgeführt vom „Les ballets C de la B“ im Maillon in Straßburg arbeitet er menschliche Empfindungen und Beziehungen auf, die sich nach Dramen jeglicher Art wieder neu bilden und formieren müssen.

Tanzstück muss zwar als Überbegriff, als Formel für diese Aufführung herhalten, aber der Begriff Tanzstück greift zu kurz. Diese Performance geht weit darüber hinaus. Sie ist eine Verschmelzung von live gespielter Musik und vielen, vielen schon als akrobatisch zu bezeichnenden Einlagen, die durch eine stringente Choreographie zusammengehalten werden. Eine wilde Detonation gleich zu Beginn, wirft die auf der Bühne stehenden Menschen zu Boden. Bis auf eine Figur bleiben alle regungslos liegen und beginnen erst im Laufe der kommenden Minuten wieder an Leben zu gewinnen. Deformiert sind sie nun jedoch alle, der oder die eine mehr oder weniger, unbeschadet blieb niemand. Konvulsivische Zuckungen, krampfhafte, rasche Bewegungen, Sprach-ver-störungen, hysterische Laufattacken – niemand blieb von der Macht des Unglücks verschont. Was Koen Augustijnen hier aufzeigt, muss nicht unbedingt auf ein kollektives Schicksal zurückgeführt werden. Jede und jeder von uns erlebt persönliche Katastrophen, aber selten fragen wir uns, welche Deformationen sie bei uns ausgelöst haben.

Auf der Bühne wird sichtbar, was geschieht. Vereinsamung, Liebesunfähigkeit, das Ausweichen in eine andere „verrückte“ Welt aber auch Versuche, sich koste es, was es wolle an jemanden zu binden, all das resultiert aus seelischen Verletzungen und Verlust. Das architektonische Bühnenbild von Jean Bernard Koeman – im linken Bereich eine kleine Hütte, in der Mitte ein einstöckiges Haus, das über dem Erdgeschoss mit einer offenen Veranda eine große Terrasse zeigt – ist schlicht und dennoch zweckmäßig. Es mutiert im Laufe des Abends zu spektakulär verwendeten Turngeräten. Wenn, wie sonst nur im Film, mit Trickaufnahmen hergestellt, eine Fassadenerkletterung zu sehen ist. Hier, in dieser Vorführung funktioniert sie live. Wenn nacheinander einige der Tänzerinnen und Tänzer sich in einem offenen Schacht, ein wenig breiter als ein Menschenkörper, ohne Hilfsmittel, nur mit gespreizten Beinen vom ersten Stock auf den Boden herabgleiten lassen. Wenn sich einer der Tänzer mit einem Handstand vom Hüttendach auf den Bühnenboden katapultiert um dort in einer anschließenden Abrollbewegung die Wucht des Schwunges ausklingen zu lassen. All das ist atemberaubend und schön zu gleich. Aber all diese Elemente verkommen nie zum gymnastischen Selbstzweck, sondern sind eingebunden in eine rasche Abfolge von Bildern und Bewegungen, die eine Fülle von Eindrücken hinterlassen.

Wie die verrückt gewordene Frau, die sich offenbar noch klar artikulieren kann – aber von ständig wiederkehrenden Krämpfen geschüttelt wird. Sie findet einen männlichen Gegenpart, der hyperaktiv die Bühne einnimmt. Seine wilden Sprünge ins Nichts – hart auf dem Boden aufschlagend – sein Anrennen gegen die Mauer, immer und immer wieder, hinterlässt beim Publikum schon beinahe Phantomschmerzen. Er ist dem Zärtlichkeitsansturm seiner Partnerin nicht wirklich gewachsen und seine Annäherungen erinnern mehr an Handgreiflichkeiten denn an Zärtlichkeitsbekundungen. Die Momente der Innigkeit sind – wenn überhaupt – auf Sekunden zusammengeschmolzen.

Ashes (Photo: Chris Van der Burght)

Ashes (Photo: Chris Van der Burght)

Augustijnen zeigt mit seiner 8-köpfigen Truppe die gesamte Bandbreite von deformierten Seelen- und Beziehungszuständen, die sich in den einzelnen tänzerischen Persönlichkeiten manifestieren. Athanasia Kanellopoulou, Benjamin Boar, Chantal Loial, Gael Santisteva, Grégory Edeloin, Jakub Truszkowski, Ligia Manuela Lewis und Florence Augendre schlüpfen in Rollen, die ihnen alles abverlangen. Ihr Tanz bedeutet nicht nur körperliche Anstrengung, sondern völlige Identifikation mit der jeweiligen Figur – bis in die stärkste Raserei und den höchsten Wahnsinn. Dazwischen lassen lyrische Momente ihren und den Atem des Publikums zur Ruhe kommen.

Wie bei dem durch einen Stab in Bauchhöhe miteinander verbundenen Paar. Es tanzt so lange unbeschadet und in zärtlicher Erwartung über die Bühne, bis die Frau mit dem Rücken zur Wand zum Stehen kommt. Den Annäherungsversuchen des Mannes entkommt sie nur mehr, indem sie aus ihrem Pullover schlüpft, der lose unter dem Stab hängend an der Wand verbleibt; ein beredtes Bild des Verlassenwerden. Nichts desto trotz – der Liebende und Besitz ergreifen Wollende gibt nicht auf. Schon mutiert der Stab zu seinem dritten Bein mit dem er immer wieder nach seinem Opfer fischt. Eine eindringliche Szene, unglaublich gut choreographiert und tänzerisch umgesetzt; aber auch sie muss wieder ohne Märchenschluss auskommen.

Wie sehr sich der tänzerische Ausdruck heute in alle Formen der körperlichen Bewegung hin ausdehnen kann wird in jenem Auftritt deutlich, der sich über den Köpfen der Musiker abspielt. Der Boden der darüber zu erkennenden Terrasse entpuppt sich von einer Sekunde zur anderen – als Trampolin. Die halsbrecherischen Sprünge, das Landen auf dem Rücken, das Abstoßen – all dies erfolgt exakt im Rhythmus der Musik, die darunter live produziert wird. Eine Herausforderung nicht nur für die Tänzer, sondern auch für die Musikerinnen und Musiker. Wann spielt man schließlich schon unter einem nachgebendem Trampolin? Die Musik von Georg Friedrich Händel wird vom Countertenor Jonathan de Geuster und der Sopranistin Maryllis Dieltiens auch in Szene gesetzt. Sie mischen sich unter die Tänzer und werden in verschiedenen Auftritten mit eingebunden. Die fünf Instrumentalisten spielen so nahe wie möglich am musikalischen Vorbild, haben jedoch zwei Stimmen mit historisch fremden Instrumenten besetzt. Ein Marimba und ein Akkordeon. Ergänzt wird der klangliche Ausdruck noch durch Schlagzeugklänge und elektronische Einspielungen, die eine bedrohliche Stimmung erzeugen, die als Grundlage zu einer Schlacht – jeder gegen jeden – dient.

Nicht genug der Eindrücke, die im Minutentakt wechseln, fügt auch noch die aus Guadeloupe stammende Chantal Loial mit ihrem Partner eine Szene hinzu, in der sie ihren Verehrer gleichzeitig anzieht und zurückweist. Mit ihren lauten und ständig wechselnden Aufforderungen vien! „komm her“ und pas! „nein, bleib stehen“ treibt sie ihn an den Rand des Wahnsinns und er körperlichen Erschöpfung. Ihre am afrikanischen Tanz geschulte Ausdrucksmöglichkeit ergänzt die Truppe ausnehmend gut und extrem bereichernd. Dieses hier tänzerisch umgesetzte Beziehungsspiel äußert sich als psychologisches Phänomen des double-bind, welches tatsächlich in letzter Konsequenz in der Shizophrenie endet. Die bühnenreife Verwandlung könnte als anschauliches Lehrbeispiel für Psychologiestudenten dienen.

Der Ausklang des Abends stimmt ruhig und versöhnlich. Augustijnen lässt alle Ensemblemitglieder in parallel angeordneten Reihen sich auf dem Boden in ruhigem Rhythmus hin- und her wälzen. Richtungswechsel und knieende Figuren beleben die Szenerie noch ein letztes Mal, aber die Menschen scheinen sich und ihresgleichen wieder gefunden zu haben. Etwas Neues ist im Entstehen und lässt das Alte, Belastende zurück. Etwas, das vereint, das Gemeinschaft zeigt und somit tröstlich wirkt. Ashes, ein komplexes, nicht nur sehenswertes, sondern auch extrem nachdenkenswertes Stück – zeitgenössisches Tanztheater auf höchstem Niveau.

Le Maillon

Le Maillon

Le Maillon in Straßburg zeigt sich abermals als Veranstaltungsort, der hohe zeitgenössische, internationale Bühnenkunst präsentiert.

Ashes (Photo: Chris Van der Burght)

Ashes (Photo: Chris Van der Burght)

Le titre n’est pas trompeur. Le point de départ pour le travail actuel du chorégraphe belge Koen Augustijnen est une couche de cendres. Le thème principal d’Ashes ce sont les cendres qui se sont déposées sur les maisons et villages après l’éruption du volcan Pinatubo aux Philippines. Pour Augustijnen, les cendres qui coulent entre les doigts sont le symbole de l’éphémère, de tout ce que l’on ne peut retenir. Sa dernière création, présentée par « les ballets C de la B » au Maillon de Strasbourg tourne autour des sentiments et des relations humaines qui après différents drames doivent se reconstruire et se former à nouveau.

On pourrait définir cette représentation comme « théâtre de danse ». Cela donne une idée générale. Mais au fond, il ne s’agit pas que de danse. C’est une performance qui va bien au-delà. C’est un tissage de musique et de nombreux éléments qu’on peut considérer comme étant acrobatique. Une chorégraphie probante en est la trame qui relie le tout.

Les gens sur la scène s’effondrent après une forte détonation. A l’exception d’une personne, tous restent étendus au sol sans bouger et ne se réaniment qu’après quelques minutes. Mais ils sont tous plus ou moins atteints et ont des séquelles. Personne n’est indemne. Des soubresauts convulsifs, des mouvements rapides, comparables à des crampes, des problèmes d’élocution majeurs, des courses effrénées et hystériques : personne n’a été épargné par la force irrésistible du malheur. Ce que montre Koen Augustijnen n’est pas forcément lié au sort d’une collectivité. Chacun d’entre nous vit des catastrophes personnelles. Mais nous ne nous posons que rarement la question à savoir quel genre de « déformation » elles ont bien pu provoquer en nous.

Ce qui arrive devient visible sur la scène. La solitude, l’incapacité d’aimer, la fuite dans un autre monde, un monde « fou », mais aussi les tentatives de s’attacher à quelqu’un à n’importe quel prix. Tout ceci résulte des pertes et des blessures infligées à l’âme. Le décor architectural signé par Jean Bernard Koeman est simple mais efficace: Dans la partie gauche de la scène se trouve une petite hutte, au milieu une maison avec une véranda ouverte et une grande terrasse au premier étage. Celle-ci se transforme au cours de la soirée en une sorte d’accessoire de gymnastique à l’usage spectaculaire. Si on voit des gens escalader une façade dans un film, c’a été réalisé à l’aide de divers truquages. Ici, tout se joue sous vos yeux – en direct : L’un après l’autre, les danseurs et danseuses se laissent glisser du premier étage au rez-de-chaussée dans un puits, à peine plus large que leur corps ; sans aide, juste en écartant les jambes. Un danseur sur les mains se propulse du toit de la hutte sur le sol de la scène. Pour amortir le choc il finit en roulant. Tout ceci est époustouflant et beau à la fois. Mais ces éléments ne constituent pas seulement une gymnastique sans but. Ils font partie d’une suite d’images et de mouvements qui évoquent une multitude d’impressions.

Comme cette femme devenue folle, à peine capable d’articuler clairement, qui subit des secousses et des sortes de crampes à répétition. Son pendent masculin occupe la scène d’une manière hyperactive : Ses bonds sauvages dans le néant qui frappent durement le sol, ses assauts du mur encore et encore provoquent quasiment des douleurs fantomatiques chez les spectateurs. Il ne sait que faire de la tendresse débordante de sa partenaire. En voulant se rapprocher de lui pour lui témoigner son affection, elle donne plutôt l’impression de vouloir en venir aux mains. Les instants de véritable proximité sont réduits à quelques secondes – s’ils existent.

Ashes (Photo: Chris Van der Burght)

Ashes (Photo: Chris Van der Burght)

Les huit danseurs de la troupe d’Augustijnen montrent tout l’éventail des états d’âme et des relations déformées, matérialisés en chacun d’eux. Athanasia Kanellopoulou, Benjamin Boar, Chantel Loial, Gael Santisteva, Grégory Edeloin, Jakub Truszkowsky, Ligia Manuela Lewis et Florence Augendre endossent des rôles qui leur demandent tout. Non seulement un effort physique énorme mais aussi l’identification absolue avec chacun des personnages – jusqu’à la rage la plus totale et la folie furieuse. Quelques moments lyriques leur permettent ainsi qu’au public de reprendre leur souffle.

Le couple relié par une barre au niveau de ventre bouge sans encombre et tendrement à travers toute la scène, jusqu’à ce que la femme se trouve immobilisée, le dos au mur. Elle ne peut échapper aux tentatives de rapprochement de son homme qu’en enlevant son pullover qui pend comme sans vie sous la barre, contre le mur. Une image frappante de quelqu’un qui se fait quitter. Mais envers et malgré tout, celui qui aime et qui veut prendre possession de l’autre n’abandonne pas. La barre mue pour devenir sa troisième jambe avec laquelle il essaie d’attraper sa victime. Une scène très marquante, très bien dansée qui bénéficie d’une chorégraphie incroyablement efficace. Mais il faut se contenter d’une fin qui ne ressemble pas vraiment au conte de fée.

La performance qui se déroule au dessus des têtes des musiciens illustre à quel point la danse englobe aujourd’hui toute forme de mouvement corporel. Le sol de la terrasse du premier étage s’avère être un trampoline. Les sauts plus que périlleux, les atterrissages sur le dos, les impulsions que donnent les danseurs, tout se fait au rythme exact de la musique jouée en direct juste en dessous. C’est un défi non seulement pour les danseurs mais aussi pour les musiciens et musiciennes. Quand est-ce qu’on fait de la musique sous un « toit » qui bouge ?

La musique de Georg Friedrich Händel est mise en scène par le contre-ténor Jonathan de Geuster et la soprano Maryllis Dieltiens. Ils se mêlent aux danseurs et font intégralement partie de certains tableaux. Les cinq musiciens collent autant que possible à l’original. Deux voix en revanche ont été remplacées par des instruments historiquement étrangers : Un marimba et un accordéon. L’expression sonore est complétée par une batterie et des éléments électroniques qui sont à l’origine de l’ambiance menaçante. Celle-ci étant la base pour les différents combats que livrent les uns contre les autres. Mais comme si les impressions qui changent à une cadence vertigineuse ne suffisaient pas, la guadeloupéenne Chantal Loial et son partenaire rajoutent une scène formidable. Elle attire et repousse en même temps son soupirant en lui lançant des « viens » et des « pas » ce qui le met au bord du gouffre ; aussi bien mentalement que physiquement. La façon de Loial de s’exprimer, puisée dans la danse africaine complète parfaitement bien la troupe, tout en l’enrichissant. Ce jeu de relation est l’illustration par la danse du « double-bind » qui finit effectivement en dernier ressort par la schizophrénie. La traduction scénique pourrait servir comme cas d’école pratique pour des étudiants en psychologie.

La fin de la soirée ramène le calme. L’ambiance est à la réconciliation. Augustijnen fait en sorte que tous les membres de la troupe se roulent en rang dans un rythme calme de droit à gauche. Un changement de direction et les personnages à genoux ravivent la scène encore pour une dernière fois. Mais les hommes semblent s’être retrouvés et avoir retrouvé les autres. Quelque chose de nouveau est en devenir et éloigne ce qui est vieux et pesant. On ressent quelque chose qui rassemble, qui montre l’union, qui console.

Ashes est une pièce très complexe qui vaut non seulement la peine d’être vue, mais qui fait réfléchir. Du théâtre de danse au plus haut niveau. Le Maillon à Strasbourg démontre une fois de plus que sur sa scène on présente de l’art scénique international au top niveau.

Texte traduit de l’Allemand par Andrea Isker

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