Wir waren wie eine Person und irgendwie doch nicht

Wir waren wie eine Person und irgendwie doch nicht

So könnte man die Freundschaft zwischen der wilden Baliami (Josepha Andras) und dem anfangs schüchternen Oliver (Simon Kubiena) beschreiben. Da sie ein Flüchtlingskind aus dem Kosovo ist, verbietet Olivers Mutter (Anna Zagler) ihm den Umgang mit dem „Zigeunermädchen“. Doch von Verboten lassen sich Jugendliche in den seltensten Fällen aufhalten.

Der Dschungel Wien bietet vom 12. – 28. Oktober mit „Baliami“ Drogen, Liebe und Freundschaft in mitreißender Dosis.

Die ganze Welt geht an dem zugrunde, was sie liebt

baliami (c) _rainer_berson

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Momentaufnahmen aus dem Leben von ein paar Freunden werden über einen Zeitraum von 13 Jahren dargestellt. Tiefe Freundschaft, aufkeimende Liebe, dann abrupte Trennung und wütende Destruktion werden in dem Stück behandelt. Nachdem sich Baliami und Oliver in ihren Jugendjahren aus den Augen verlieren, treffen sie sich mit 15 in einem Klub wieder. Plötzlich sind die alten Gefühle wieder da, obwohl beide bereits in festen Händen sind. Oliver, der seit Baliamis Weggang mit Sophie (ebenfalls Anna Zagler) zusammen ist, lässt der Gedanke an seine erste Liebe jedoch nicht mehr los und so beginnen sie sich erneut, heimlich zu treffen. Während Oliver sich zwischen zwei Frauen sieht, meint sein Freund Raphy (Max Kodelej) nur einen Ausweg aus seiner Einsamkeit und familiären Misere zu kennen: Amoklauf.

Die Schauspieler sind zugleich Erzähler und Kommentatoren des Geschehens und geben Einblicke in die jugendliche Gefühlswelt. Das tun die Darsteller auf sehr überzeugende und authentische Weise. Autor Benedict Thill und Regisseur Richard Schmetterer vermeiden übertriebenen Jugendslang und Referenzen zur Popkultur. Hier sprechen Jugendliche zu Jugendlichen. Tatsächlich ist das Ensemble noch sehr jung, aber nicht minder überzeugend.

baliami (c) rainer_berson

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Zu jeder Zeit sind die vier Ensemblemitglieder auf der von Karoline Hogl ausgestatteten Bühne hinter den Bühnenkonstrukten entweder versteckt, zusehend oder kommentierend. Das Bühnenbild besteht aus Stangen, Seilen und Kisten, die jeweils Würfel bilden. Je nach Szene und emotionalem Zustand werden sie umgestellt und unterschiedlich beleuchtet (Hannes Röbisch). Im Streit werden diese Würfel verwüstet, zerlegt und systematisch demontiert, bis am Ende alles tatsächlich in Trümmern liegt.

Alles ist relativ

Extrem und endgültig fühlt sich das Leben für diese Jugendlichen an, obwohl sich in der Rückschau vieles relativiert. Die einzige Möglichkeit ist, alles zu zerstören und neu aufzubauen. In der letzten Momentaufnahme ist das Chaos der Jugendjahre von der Bühne beseitigt. Nüchtern und ruhig ist dagegen das Ende. Raphy bekommt Hilfe in einer psychiatrischen Einrichtung, Sophie und Baliami akzeptieren einander. Oliver und Baliami entdecken, dass ihre Freundschaft stärker als Liebe ist.

baliami (c) rainer_berson

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“Baliami” ist nur eines der Projekte des “Spiegelkabinetts” unter der Leitung von Richard  Schmetterer. Im Dezember wird er mit “Pinocchio” für 7 bis 12-Jährige in den Dschungel Wien zurückkehren.

Weitere Infos auf der Homepage des Dschungel Wien.

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