Raumklänge im Dom im Berg

Raumklänge im Dom im Berg

Das Programm – vier Stücke plus noch einmal drei von Einreichungen für die Student 3D Audio Competion, zeigte exemplarisch, was auch an den darauffolgenden Abenden vom Publikum gefordert wurde: Durchhaltevermögen. Von 19 Uhr bis 22.30 – mit kurzen Umbaupausen, wurden Klangerlebnisse geboten, die eine internationale Zuhörerschaft fanden.

Den Beginn machte „Organa Quadrupla“ von Heinali, der mit seinem modularen Synthesizer die grandiosen Klangmöglichkeiten der Ambisonics-Anlage im Dom im Berg nutzte. Fasziniert von polyphonen Strukturen, wie sie in der Renaissance verwendet wurden, setzte er seine Komposition in ähnlicher Weise auf. Er erzeugte den Klang von alten Orgeln, Altflöten oder einem Dudelsack und unterlegte die laufenden Melodielinien mit einer Art Basso Continuo. Nach einem Intro, noch ganz einer historischen Klangkulisse verhaftet, wird hörbar, dass es elektronische Klänge sind, die hier erzeugt werden. Das Anschwellen mit der Zunahme von Stimmen geschieht bis hin zu einem Kathedralen-Sound, in dem ein penetrantes Auf und Ab von Läufen charakteristisch zur Wirkung kommt. Geschickt wird im Bass im letzten Teil des Werkes auch ein Rhythmus hinterlegt, der sich gegen Ende hin verliert. Ein klanglich gelungener Festival-Einstieg, der mit unseren Hörgewohnheiten nicht allzu sehr bricht und deswegen beim Publikum großen Anklang fand.

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„Organa Quadrupla“ – Dom im Berg (Foto: ORF musikprotokoll/Martin Gross)

Im krassen Gegensatz dazu stand die Gemeinschaftsarbeit „forest Floodlights“ der Kroatin Manja Ristić, sowie Abby Lee Tee und Franziska Thurner, beide aus Österreich. Sie erhielten im Rahmen einer SHAPE+ Artist Residency einen Kompositionsauftrag und erkundeten dafür den Klang einer abgeschiedenen Gegend im Mühlviertel. SHAPE+ ist die Plattform für spannende neue Projekte aus dem Bereich der Musik und audiovisuellen Kunst des Festivalnetzwerkes ICAS, die 2014 vom musikprotokoll gemeinsam mit fünfzehn weiteren Festivals gegründet wurde. https://shapeplatform.eu/ Sie wird durch das Programm „Creative Europe“ der Europäischen Union gefördert. Einer ihrer Stützpunkte, von welchen aus das Trio arbeitete, war die Garage Drushba, ehemals von Karl Katzinger ins Leben gerufen. Sie war bis zu seinem Tod im Jahr 2021 ein Treffpunkt für ausgefallene Kulturevents im nowhere. Von diesem Place aus erkundeten sie die Gegend und schufen ein visuell-auditives, künstlerisches Tagebuch. Der Wasserreichtum der Landschaft, die Abgeschiedenheit, die altertümlichen Versatzstücke der Garage Drushba, aber auch die Schönheit der Natur wurden eingefangen. In einer Kombination aus klanglichen Aufzeichnungen und Live-Einspielungen gelang eine stimmige Performance, bei der man tief in die nördliche Grenze Österreichs mit eintauchen konnte. Die visuelle Umsetzung erhielt durch das Übereinanderlegen mehrerer Videoaufzeichnungen eine außerordentlich ästhetische Komponente. Naturklänge wie Vogelgezwitscher, Wasserrauschen oder das Rascheln von trockenen Blättern, während man über sie geht, wechselten mit E-Sounds, aber auch Live-Klängen einer Geige und Tierlauten ab. „forest floddlights“ ist eine Arbeit nicht nur mit hohem Wiedererkennungswert, sondern sie macht auch Lust, sie öfter als einmal anzusehen und anzuhören.

Die aus Taiwan stammende Künstlerin Sabiwa präsentierte gemeinsam mit ihrem Partner Nathan L. “Island N. 16 – Memories of future Landscapes“. Das Werk bezeichnet sie als einen Ort der Erinnerung, den sie während der Pandemie schuf.

Neben einer vielfältigen Video-Installation, die zwischen realen Aufnahmen, solchen in welchem reales Material verfremdet wurde und rein computergeneriertem wechselt, schuf sie ein ebenso abwechslungsreiches Sound-Geflecht. Aufgezeichnetes vermischt sich da mit Live-Einspielungen. Fische im Aquarium, zu sehen auf dem Video, frische Blumen in einer Bodenvase auf der Bühne, in welcher Gartenschläuche gesteckt werden, durch welche Luft geblasen wird, Flötenklänge, jene von einem verfremdeten Saxofon und Gesang, all das ergibt ein sowohl visuelles als auch auditives Kaleidoskop, das ständig Form, Farbe und Klang verändert. Zu Beginn bleibt das Video ganz im Asia-Klischee von Bondage-Praktiken verhaftet, wechselt aber bald zu rein computeranimierten Farbkonstellationen, später auch zu Landschafts- und Städteimpressionen und Nahaufnahmen von sich entpuppenden Schmetterlingen oder fressenden Wespen. Der Gesamtduktus spricht eine jugendliche Soundsprache mit einer hohen Geräuschdichte, in der später Passagen ins Psychedelische wechseln. “Island N. 16 – Memories of future Landscapes“ ist ein gutes Beispiel für die Fluidität musikalischer unterschiedlicher Quellen, wechselnd zwischen den Bereichen E- und U-Musik, die dadurch so nicht aufrechterhalten werden können.

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„OSWYC“ – Dom im Berg (Foto: ORF musikprotokoll/Martin Gross)

In OSWYC – so der Titel der Komposition von Robert Schwarz – vereint er künstliche und natürliche Klänge, die jedoch voneinander nicht mehr zu unterscheiden sind. Mit Grillenzirpen, Windgeräuschen und einem wabernden Sound, der quer durch den Raum läuft, lässt er das Publikum in sein Werk einsteigen. Tür-Knarzen, ein Geräusch, das einer hüpfenden Roulettekugel ähnelt und ein Zirpen, begleitet von einem dumpfen Bass, wiederholen sich mit leichten Veränderungen. Ein Schnarren, Raunzen, Glucksen und Klirren wird von einem Knattern unterbrochen, kurz darauf meint man Insektengeräusche zu vernehmen. Immer wieder sind es Naturgeräusche, die man vermeint wahrzunehmen, immer wieder wandern die Klänge und Geräusche quer durch den Raum und täuschen vor, was nur elektronisch zustande gekommen ist.

Den Abschluss des Abends bestritten Beiträge von drei Studierenden, die sich für die ‚Student 3D Audio Competition‘ bewarben. Alle drei machten deutlich, wie sehr sie in die Materie der Raum-Körper-Wahrnehmungen eingearbeitet sind und zeigten noch einmal die atemberaubenden Hör-Möglichkeiten, welche die Soundanlage im Dom im Berg imstande ist, wiederzugeben.

Julius Bürger – vertrieben und wiederentdeckt I Ein Wiener Komponist kehrt zurück

Julius Bürger – vertrieben und wiederentdeckt I Ein Wiener Komponist kehrt zurück

Das RSO brachte unter der Leitung von Gottfried Rabl im großen Sendesaal des ORF RadioKulturhauses am 18.8.2023 Werke von Julius Bürger (1897–1995) zur österreichischen Erstaufführung. Und das 18 Jahre, nachdem der jüdische Komponist 98-jährig in New York verstorben war.

Portrait Buerger vor Klavier Brian Coats

Julius Bürger  (Foto: Brian Coats)

Dass die Stücke überhaupt erklingen konnten, verdanken sie dem klugen Vorgehen von Ronald S. Pohl, einem New Yorker Nachlassanwalt. Er war 1989 von Bürger engagiert worden, um die Verlassenschaft seiner kurz zuvor verstorbenen Frau Rose zu verwalten und den Großteil des Geldes jungen, israelischen Musikerinnen und Musiker zukommen zu lassen. Noch nicht wissend, dass Julius Bürger ein beachtenswertes kompositorisches Werk vorzuweisen hatte, stellte Pohl ihm die Frage, ob er denn aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nicht auch seinen Nachlass rechtzeitig in Angriff nehmen wollte, was sich als Glücksfall herausstellen sollte. Bürger, in Wien geboren und aufgewachsen, war als junger Mann mit Studienkollegen und seinem Kompositions-Lehrer Franz Schreker nach Berlin gezogen und pendelte danach zwischen London, Paris, Berlin und Wien. Der Einmarsch Hitlers in Österreich alarmierte ihn jedoch derart, dass er mit seiner Frau noch rechtzeitig nach Amerika auswandern konnte. Dort erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft, arbeitete an der Metropolitan Opera, aber auch für Rundfunk- und Fernsehanstalten als Dirigent, Arrangeur und Auftragskomponist, ohne jedoch ganz seine eigene, unabhängige Kompositionstätigkeit aufzugeben.

In Pohl hatte Bürger glücklicherweise einen Mann der Tat gefunden. Setzte dieser doch alle Hebel in Bewegung, um seinem Kunden den Wunsch zu erfüllen, sein Cello-Konzert aus dem Jahr 1932, das 1952 uraufgeführt und seit 1991 nicht mehr erklungen war, tatsächlich noch einmal hören zu können. Pohls Bemühungen waren erfolgreich. Nach Aufführungen in den USA wurde es auch in Israel gespielt – von jenen Musikerinnen und Musikern, die von Rose Bürger Stipendien erhalten hatten. Erst nachdem der Kontakt zu Gerold Gruber, dem Leiter des  Exilarte Zentrums für verfolgte Musik der mdw hergestellt und der musikalische Nachlass von Julius Bürger nach Wien gebracht worden war, war es möglich, auch hier ein Konzert mit Werken von ihm aufzuführen. Wäre Pohl nicht mit dem Komponisten zusammengekommen, darf man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass dessen Werke, die sich gesammelt in einem kleinen Möbel befanden, nach dessen Tod bei der Wohnungsräumung entsorgt worden wären.

Das RSO Wien spielt Julius Bürger.

Foto: Benjamin Pieber – Herzog Media

Adagio für Streichorchester

Die Bandbreite der Arbeiten, die in Wien erklangen, war reichhaltig. Die Eröffnung machte ein Adagio für Streichorchester, aus dem Jahr 1978. Es war das einzige Werk, das schon einmal in Österreich aufgeführt worden war. Sanft dahinfließend, dunkelt es immer wieder kurz ein, um dabei Dramatischeres freizulegen. Die Bassgeigen drängen an einigen Stellen die Streicher förmlich zu Spannungsmomenten, die jedoch von diesen immer wieder bezwungen werden. Sie schaffen es schließlich, das Wilde, das Böse, ja beinahe Unaussprechliche, das sich immer wieder hörbar macht, hinter sich zu lassen und mit einem zarten Wohlklang das Werk ausklingen zu lassen.

Eine gute Wahl, was den Solopart des Cello-Konzertes betraf, das im Anschluss gespielt wurde, war mit Anna Litvinenko getroffen worden. Beeindruckend waren nicht nur die technisch schwierigen, bravourös gemeisterten Passagen, sondern vor allem die Innigkeit und Einfühlsamkeit ihres Solos im letzten Satz. Technik ist nur ein Bestandteil einer gelungenen Aufführung, das Werk aber mit Seele zu füllen, macht jenen Unterschied aus, den Litvinenko dem Publikum vorzeigen konnte.

Nach einer ruhigen Einleitung formieren sich die Bläser und geben einen pulsierenden Rhythmus frei, den das Orchester und das Cello aufnehmen. Bald wird das musikalische Geschehen leichtfüßig tänzerisch und entwickelt sich zu einem langsamen Fluss, in dem sich die rhythmischen Pulsschläge wiederholen. Immer wieder taucht dabei das kleine Thema, kaum 3 Takte umspannend, quer durch das Orchester auf. Den Satz lässt Bürger nur durch die Bläser enden, die vom Cello unterstützt werden.

Den 2. Satz hat der Komponist nachträglich seiner Mutter gewidmet, die von den Nazis beim Marsch nach Auschwitz getötet worden war. Gleich zu Beginn wird ein langer, schleppender Marsch intoniert und das Cello-Thema bald von der Oboe aufgegriffen. Elegisch bringen sich die Streicher ein und werden vom Solo-Instrument, welches das Thema weiterführt, dabei getragen. Der schleppende Duktus verwandelt sich allmählich in ein allgemeines Flirren und einen Übergang des Themas in ein aufgehelltes Szenario mit Harfenbegleitung. Die beruhigende, liebliche Attitüde hält nicht lange, bald schon trübt sich der Klang wieder ein. Er erfährt eine scharfe Ballung und wartet mit einer langen Bläsersequenz mit Disharmonien auf, die das Orchester aufwecken und zu einem wilden, düsteren Geschehen animiert. Nun erhält das Cello ein Solo, das man als illusionslos beschreiben kann. Keine Spur von jener beruhigten, lebensbejahenden Stelle mit Harfenbegleitung ist mehr fühlbar, vielmehr hat es den Anschein, als hätte sich das Cello den Stimmen der wilden Gewalt ergeben. Logisch folgt danach ein Schluss, in welchem das Orchester, wie zu Beginn, den schleppenden Marsch wiedergibt. Wissend um das Schicksal von Bürgers Mutter, kann man fühlen, welchen letzten Lebensmoment er hier musikalisch festgehalten hat.

Im raschen 3. Satz reagiert das Cello fast kammermusikalisch auf die einzelnen Instrumentalsoli. Immer wieder treten von den Streichern, häufig unisono unterstützte, beruhigende Passagen den zuvor erklungenen lebhaften entgegen, die dann wieder mithilfe der Bläser im Wechselspiel mit dem Cello abermals an Fahrt aufnehmen. Den Schluss bildet ein Cello-Solo mit differenzierten, schönen dynamischen Färbungen, welchen ein furioses finales Bläser- und Paukengeschehen nachgesetzt wird. Zu Recht erhielt das Orchester und die Solistin lang anhaltenden Applaus für die Darbietung.

Lieder mit symphonischer Begleitung

Die darauffolgenden zwei Lieder mit symphonischer Begleitung wurden von Matija Meić interpretiert. „Legende“ nach einem Text von Christian Morgenstern und „Stille der Nacht“ nach Gottfried Keller, ließen musikalische Vergleiche mit Gustav Mahler zu. Beinahe jede Zeile, jede Stimmung, jede Beschreibung eines Landschafts-, Seelen- oder Handlungszustandes erhält bei Bürger ihren eigenen, musikalischen Ausdruck. Ob Jesus vor seinem Gang in den Garten Gethsemane, völlig unerwartet mit einer jungen Frau zu tanzen beginnt und diese ausgelassenen Schritte hörbar werden, ob die Brandung eines Meeres bei Gottfried Keller angesprochen, musikalische Wallungen im Klangkörper auslöst, Musik und Wort unterstützen sich gegenseitig kunstvollst. Voll, warm und sehr ausgereift erklang der Bariton von Meić, ohne jedoch eine klare Aussprache vermissen zu lassen. Ihm gelang es mit Leichtigkeit, die breite symphonische Unterstützung, eine Herausforderung für den Sänger bei diesen Werken, als solche zu belassen und sich vielmehr wie ein Solo-Instrument gesanglich einzubringen.

Beide Stücke können als kleine symphonische Dichtungen, jedoch ausgestattet mit einer epischen Wucht unter der Verwendung eines großen Instrumentariums charakterisiert werden, was sie außerordentlich spannend macht. Gerne würde man davon mehr hören.

Das RSO Wien spielt Julius Bürger. Hier im Bild der Bariton Matija Meić

Foto: Benjamin Pieber – Herzog Media

„Eastern Symphony“

Den Schluss des Konzertes bildete die „Eastern Symphony“ aus dem Jahr 1931.
3-sätzig angelegt, wird sie mit einem aufgeweckten Thema in den Bläsern eröffnet, das von den Streichern beantwortet wird. Erinnerungen an den um ein Jahr älteren Gershwin werden dabei wachgerufen, vorwiegend durch die stark akzentuierten Rhythmen, die auch häufig wechseln. Auffallend ist, wie schon bei den Liedern zuvor, dass Bürger das gesamte Orchesterinstrumentarium fast ständig in Bewegung hält. Kaum eine Stelle, in welcher die Musizierenden nicht zugleich gefordert werden, was sich als ungemein reizvoll erweist. Becken, Pauken und Trommeln geben wie auch die Bläser den vorherrschenden Ton an und lassen den Satz als hymnisch-progressiv erfahrbar machen.

Der 2. Satz beginnt mit der Oboe, die vom Orchester breit unterstützt wird. Ihr antworten Geigen und Celli so, dass ein Fließen den gesamten Klangkörper erfasst und eine weite, sich öffnende Landschaft leicht imaginiert werden kann. Wieder ist es die Harfe, die zur Klarinette, dem Fagott und den Streichern, sowie dem leisen Holz überleitet. Es ist diese instrumentale Themenwanderung und zugleich die Weiterführung desselben, welches diesen Satz so interessant macht. Der ruhige Duktus bleibt beibehalten und auch das Ende klingt dementsprechend aus.

Wie könnte es anders sein, beginnt der Schluss-Satz furios im gesamten Orchester mit einem wilden Lauf. Trompeten und Trommeln geben den raschen Rhythmus vor, der sich erst durch Harfe und Oboe mit dem von den Streichern singend vorgetragenen Thema darüber beruhigt. Nun sind es die Flöten, welche diese Landschaftsbeschreibung ergänzen. Als ob man einem Fluss mit kleinen Wasserstrudeln folgen würde, schrauben sich die Geigen, von der Klarinette gehalten, in lebhafter Weise weiter und übergeben diese an die Flöten. Mit einem letzten, wuchtigen Orchestereinsatz, beendet das Thema, noch einmal präsentiert, das schöne Werk.

Die Charakteristik von Bürgers Musik ist eindeutig und kann klar benannt werden. Als Komponist steht er ästhetisch zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert, von welchem er nicht nur den Mut zu Klangunschärfen entnommen hat, sondern auch bis dahin ungewöhnliche Rhythmen und manch neue Instrumentierung. Immer jedoch ist seine Kompositionstechnik klar nachvollziehbar, sind Strukturen gut zu erkennen und – das zeichnet Bürgers symphonische Werke in besonderem Maße aus – besticht er durch einen musikalischen Farbenreichtum par excellance.

Österreich, speziell Wien, hat mit diesem Konzert keine Wiedergutmachung betrieben. Eine solche gibt es nicht. Das Statement, das jedoch gesetzt wurde, ist deutlich und war mehr als notwendig. Sich um die Nachlässe von vertriebenen Komponisten und Komponistinnen zu kümmern, ist ein absolutes Gebot der Stunde. Die Arbeit des Exilarte Zentrums der mdw sollte viel stärker in das öffentliche Bewusstsein getragen werden. Eine breitere Bewusstwerdung dieses unrühmlichen Kapitels im Rahmen der Musikgeschichte kann zumindest dazu beitragen, dass die Arbeit der Vertriebenen nicht dem Vergessen ausgesetzt wird. Wir, die wir in der glücklichen Lage sind, Nachgeborene zu sein, können uns entweder aktiv in dieses Geschehen einbringen oder – und das darf nicht unterschätzt werden – wir stürmen Konzerte wie diese und füllen die Säle bis auf den letzten Platz. Damit bekunden wir unser Interesse und geben der Musik das, was sie am Leben hält und ihr zusteht: unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.

v.l.n.r Prof. Gerold Gruber, Anna Litvinenko, Ronald S. Pohl, Gottfried Rabl

v.l.n.r. Prof. Gerold Gruber, Josipa Bainac Hausknecht, Ronald S. Pohl, Gottfried Rabl (Foto: Ronald Pohl)

Der Sog des Weltalls

Der Sog des Weltalls

Das Publikum durfte dabei in 70 Minuten eine visuelle Zusammenfassung von der Entstehung des Weltalls – inklusive Urknall-Effekt – bis hin zur Ausbildung unseres Sonnensystems erleben. Begleitet wurde die Video-Animation von 11 Musizierenden unter der Leitung von François-Pierre Descamps.

Für das Konzept und die Dramaturgie war Kristine Tornquist verantwortlich. Mit dem Astronomen und Leiter des Planetariums, Michael Feuchtinger und dem Astronomen Konstantin Kirner, zuständig im Planetarium für Wissensvermittlung, holte sie sich zwei profunde Kenner der Materie an Bord. Gemeinsam schufen sie ein Klang-Raum-Erlebnis der besonderen Art. Das Werk wurde für fünf Stimmen – zwei Countertenöre, zwei Tenöre und einen Bassbariton sowie sechs Instrumentalisten (Trompete, drei Posaunen und zwei Schlagwerker) geschrieben. Die Entstehung des Weltalls und letztlich auch der Erde und des Menschen an sich wurde – musikalisch anschaulich – auch durch einen sich erst im Laufe der Komposition entwickelten Sprachgesang wiedergegeben. Hörte man zu Beginn nur aneinandergereihte Silben, verdichteten sich diese mit der Zeit hin zu erkennbaren Worten und Sätzen.

Häufiger Posaunen- und Paukeneinsatz, ein Glockenspiel, sowie ein großer Schlagwerkapparat verliehen dem bunten Sternenspektakel eine ebenso farbenfrohe musikalische Untermalung. Von dramatisch bis hin zu kostbaren Schwebezuständen, erzeugt von den Stimmen, reichte die klangliche Palette. Obwohl Clemencic ein ausgewiesener Kenner Alter Musik war, griff er in diesem Werk ins volle Kompositions-Repertoire der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Atonales und Dissonantes überwog über lange Strecken, dennoch gelangen ihm zum Teil auch höchst sphärisch gestaltete Momente. Wer wollte, konnte auch Assoziationen zur Orff`schen Carmina-Burana-Klangwelt assoziieren. Raues und Unbehauenes Notenmaterial entwickelte sich zu Differenzierterem und Komplexerem und ließ zugleich Spielraum für eigene Empfindungen.

Einziger Wermutstropfen war die Raumakustik. So wunderbar die visuelle Aufarbeitung mithilfe des modernsten Sternenprojektors der Welt gelang, so fein austariert auch das Ensemble musizierte, das Klangstrahlen, das durchaus in der Komposition von Clemencic vorhanden ist, blieb aufgrund der Akustik, die mehr vom Klang schluckte als preisgab, leider aus. Kopfhörer hätten in diesem Fall wahrscheinlich eine Abhilfe geschaffen. Dennoch eine abermals beeindruckende Produktion des Sirene Operntheaters.

Ohrenfutter vom Feinsten

Ohrenfutter vom Feinsten

Und so konnte Anfang Oktober eine Woche lang das 25-jährige Jubiläum des Radiokulturhauses gefeiert und am 15. des Monats das abschließende Festkonzert veranstaltet werden.

Extra dafür wurden zwei Auftragswerke erteilt. Eines ging an den Komponisten und Musiker Wolfgang Mitterer.  An der Schuke-Orgel des großen Sendesaales spielte er selbst sein Werk „11 songs for two machines“. Schon im Titel wird klar, dass er neben der Orgel zwei elektronische „Maschinen“ – Computer wäre wohl der deutsche Ausdruck – hängen hatte und bediente. Aufgrund seiner Bewegungen konnte man erkennen, dass diese direkt links und rechts neben ihm angeordnet waren und er so leichten Zugriff auf die „Maschinen“ mit den darauf abgespeicherten Samples hatte.

Gleich zu Anfang wurde eine der Charakteristiken der Komposition erkennbar. Nach einem rhythmisch nervösen Beginn in allen Registern schoben sich immer wieder kurze Klangcluster, die den Eindruck von wild gewordenen, kleinen Kobolden erweckten, dazwischen. Immer wieder wurden diese, verstreut über das ganze Werk, hörbar. Abgelöst wurde der erste musikalische Eindruck – und auch das wiederholte sich in Abwandlungen – von lang gezogenen Akkordfolgen, die mit menschlichen Stimmen eine ungewöhnliche Färbung erhielten.

Mitterer nutzte aber auch die klanglichen Möglichkeiten der Orgel selbst aus und wechselte nach einem breiten und tief gebautem Klangraum in den Diskant, in welchem er Erinnerungsmomente Bach’scher Orgelthemen einstreute. Wie so oft in seinen Kompositionen wurde auch in dieser ein Flattergeräusch und ein Plätschern hörbar, an den sich abermals ein wildes Clustergeschehen anschloss, das ganz unerwartet von einem Dur-Akkord eingefangen wurde.

Es sind diese plötzlich auftauchenden klanglichen Wendungen, die der Komposition ihren eigenen Charakter verleihen. Immer wieder aber auch der Wechsel zwischen einem musikalischen Geschehen, das außer Rand und Band geraten zu sein scheint und beruhigenden Momenten, die dem Ohr und dem Kopf wie Beruhigungspillen erscheinen, die einem keine Orientierung bieten, aber zumindest eine vorgaukeln. Gut erkennbare melodische Linien wurden immer wieder von wilderen Klangfetzen abgelöst, zarte Klanggebilde ergänzten ansteigende Tonreihen und gegen Ende der Komposition setzte Mitterer mehrfach kleine Kaskaden in der rechten Hand gegen ein breites, fast überbordendes Soundgeschehen.

Eine effektvolle Beleuchtung ließ ihn und sein Instrument während seines Spiels theatralisch erscheinen, was einen zusätzlichen, sinnlichen Effekt beisteuerte. „Zeitgenössische Musik muss man sehen“ postulierte einst der ehemalige Leiter des Festivals „musica“, Jean-Dominique Marco in Straßburg. Und tatsächlich galt dies in besonderem Maße auch für „11 songs for two machines“.

franz koglmann mit band radio kulturhaus wien

Franz Koglmann mit seinem Ensemble (Foto European Cultural News)

Aber nicht nur für dieses. Auch die Komposition „ZIEFF – Notes on a Genius“ von Franz Koglmann, die im Anschluss zur Uraufführung kam, erhielt an diesem Abend durch ein besonderes, visuelles Moment ihre zusätzliche Adelung. Der Komponist und Jazzer bezieht sich in dieser „Suite“ mit neun Sätzen und einer abschließenden Gedicht-Vertonung auf den amerikanischen Jazz-Komponisten Bob Zieff. Wie in der Konzertankündigung zu lesen war, „zog Zieffs Musik, die bei aller kompositionstechnischen Komplexität vor allem durch ihre Eleganz besticht, und die herkunftsmäßig nicht nur in Jazztraditionen der Nachkriegszeit, wie Miles Davis „Birth of the Cool“-Nonett, sondern auch in der Wiener Schule eines Schönberg und Alban Berg verankert ist, Franz Koglmann in ihren Bann.“

Und tatsächlich weist seine Komposition eine außerordentlich große Fülle an Einfällen auf: Man vernimmt Atonales und eine kurz aufblitzende Mikrotonalität genauso wie herkömmliche Dur-Moll-Sequenzen, man erkennt lateinamerikanische Rhythmen, genauso wie Free-Jazz-Anklänge. Die neun Sätze der Suite tragen die Titel: “Chet’s Cat’s Heels”, “Waltz for Bob”, “April in Vienna”, “Der Jüngling”, “Miles at Minton’s”, “Nachts”, “Franz Schuh”, “I Am a German Girl”, “Near Blue”, “Sad Walk” – Gedicht von Robert Creeley, Rezitation: Colin Mason.

Eingeleitet und verbunden wurden sie alle durch Gerhard Laber an den Percussions, der vieles improvisieren durfte und sichtlich sehr großen Spaß dabeihatte. Seine Spielfreude war es auch, die emotional stark ins Publikum überschwappte und dem Live-Auftritt eine ganz besondere Note verlieh. Immer wieder jedoch formierten sich die Musiker zu Terzetten, Duetten oder auch Quartetten und folgten genau notierten Anweisungen. Es gab Wechsel zwischen kammermusikalischen Partien mit zart ausformulierten Themen, die wenig später von einem anderen Instrument paraphrasiert wurden oder ein Pizzicato, das vom Cello über die Oboe in die Percussion-Instrumente sprang.

Vorsichtig Tastendes, dunkel Eingefärbtes machte einem jazzigen, vital pulsierenden Part mit Unisono-Momenten Platz und verschwand danach hinter einem abermaligen Percussionvorhang. Ein rhythmisch stark akzentuiertes Cellothema, das von den anderen Instrumenten aufgenommen wurde, setzte gegen Ende des Werkes ein starkes Wiedererkennungszeichen und ein kurzer, von allen Instrumenten getragener Einschub vor dem Gedichtvortrag, erinnerte stark an jene Momente vor einem Konzert oder einer Opernaufführung, in welcher die Musizierenden ihre Instrumente stimmen. Der zutiefst lyrische Moment des Poems, das über das Altwerden und Verschwinden eines Menschen erzählt, der sich darüber auf einer Parkbank Gedanken macht, blieb nach dessen Ende beeindruckend lange im Raum hängen, bevor der verdient heftige Applaus einsetzte.

Mario Arcari am Englischhorn, Sandro Miori ausgestattet mit einem Sopran- und Tenorsaxofon sowie auch einer Altquerflöte, Attila Pasztor am Cello und Gerhard Laber an den Percussion-Instrumenten hatten an diesem Abend das große Privileg, dieses komplexe und farbenreiche Stück von Franz Koglmann zu spielen, der selbst den Flügelhorn-Part übernommen hatte. „ZIEFF – Notes on a Genius“ darf man als gelungene Jubiläumsgabe bezeichnen. Als solche ist zu hoffen, dass sie rasch Einzug in das herkömmliche Orchesterrepertoire finden wird.

Atemberaubende Percussion

Atemberaubende Percussion

Martin Grubinger (Foto: Simon Pauly)

Auf der Bühne ist kein Zentimeter freier Platz. Aufgestellt sind aber nicht Sesselreihen und die großen Instrumente eines Symphonieorchesters, sondern ungezählte Percussion-Instrumente. Im Stefaniensaal in Graz präsentierte der Musikverein sein 3. Solistenkonzert in dieser Saison und lud dazu den österreichischen Shootingstar auf dem Percussion-Gebiet ein. Martin Grubinger hat auf bereits allen nur erdenklichen, großen Bühnen dieser Welt gespielt und ist im Moment mit einem Programm unterwegs, das er zum Teil solistisch, zum Teil mit Kollegen bestreitet. Dass er dabei zugleich auch noch als Moderator fungiert, hebt seine Sympathiewerte immens. Grubinger ist einer, der sich nicht hinter einem steifen Musikformalismus versteckt. Ganz im Gegenteil. Science-fiction-Liebhaber mögen ihn als Außerirdischen bezeichnen, Religiöse als göttlich oder auch des Rhythmus-Teufels Advokat. Nüchtern betrachtet ist er eine absolute Ausnahmeerscheinung in seinem Bereich.

Percussionisten kennt man höchstens von den großen Pop-Bands, aber im Konzertsaal hat es noch keiner außer Grubinger geschafft, sich einen klingenden, international bekannten Namen zu machen.

Das höchst ambitionierte Programm forderte das Publikum, aber vor allem Grubinger und seine fünf Kollegen. Sowohl musikalisch als auch körperlich. Denn unzählige Platzwechsel, verbunden mit Instrumentenwechseln stehen dabei an. Außerordentlich schwierige, komplexe Partituren müssen bewerkstelligt werden, angefeuert von einem Rhythmus-Vollblut, dessen Lieblingsinstrument die Marimba ist. Und die ist häufig im Einsatz. Gleich zu Beginn zeigt Grubinger, dass man als Percussionist nicht unbedingt nur mit Lautstärke überzeugt. Denn der zarte Auftakt, Solo XV für Marimba, eine Uraufführung des Finnen Kalevi Aho (geb. 1949), lässt noch in keiner Weise das spätere Energiefeuer durchblitzen, das noch kommen wird.

Schon da wird aber klar: Grubinger spielt nicht, er IST Musik, auch wenn sich dies reichlich abgedroschen anhört. Alles, was er präsentiert, spielt er so, als hätte er es selbst komponiert. So, als strömte es auf ganz natürliche Weise aus ihm heraus in die Marimba- oder seine Percussion-Schlägel. Während seine Kollegen bei schwierigen Passagen immer wieder leise vor sich hin mitzählen, um nicht aus dem Takt zu geraten, spielt ihr Chef so, als wüsste er nicht einmal, was zählen ist. Seine beredte Mimik unterstreicht zugleich wunderbar die unterschiedlichen Klangcharaktere. Agiert er im hohen Bereich, lächelt er zart, aber beständig, kommt er in Klangtiefen, verdüsterst sich sein Blick und erhält zuweilen etwas Ekstatisches. Es ist dieses ganz Einswerden mit der Musik, dieses darin Aufgehen und zugleich auch Brillieren, das so fasziniert. Abgesehen von einer technischen Fertigkeit, von der man weiß, dass sie nur erreicht wird, wenn eine außergewöhnliche Begabung auf Fleiß trifft.

Mit Maki Ishiis „13 Drums“ präsentierte er einen „Klassiker“ der Schlagzeugliteratur und zeigte, was es heißt, neben allem Herumwirbeln auf den unterschiedlichen Trommeln einen beinahe durchgehenden Ostinato-Rhythmus von der linken in die rechte Hand zu schieben und umgekehrt. Kalevi Ahos Komposition „Sieidi“ umkreist das Thema „heilige Instrumente“ und vereint eine ganze Reihe von Percussion-Instrumenten mit dem Klavier. Grubinger präsentierte mit seinem Ensemble darin Kraftvolles und Sphärisches gleichermaßen und oszillierte zwischen meditativen Klängen und orgiastischen Einschüben.

Nach dem Solostück von Iannis Xenakis „Rebonds b“, bei dem sich eine Pauke im Wettstreit mit Bongos und Tom-Toms befindet, performten die Musiker nach der Pause eine 40-minütige Suite, zusammengestellt von Martin Grubinger sen. Dabei wurde deutlich, welcher Klangreichtum in den Percussion-Instrumenten steckt. Die Reise quer durch zeitgenössische Schlagzeugliteratur, ebenfalls an vielen Stellen mit Klavierbegleitung, bot ein immens abwechslungsreiches Bild – nicht nur musikalisch. Immer wieder kamen Bühnenarbeiter und stellten Instrumente um, oder trugen sie fort, während Grubinger und seine Musiker unbeirrbar weiterspielten. Jazziges, wechselte sich mit Afrikanischem, Lyrisches mit Kraftvoll- Donnerndem und Theatralem ab. All das wurde erst in unserem und im vorigen Jahrhundert komponiert, als die Rhythmusinstrumente erst ihre großen Auftritte in den Konzertsälen erhielten. Wohl auch, weil sie, wie unter anderen Marimbas und Xylophone, auch melodisch zum Klanggeschehen beitragen konnten. Grubinger sen. verarbeitete Material von 10 verschiedenen Kompositionen und betonte damit nicht nur die immense musikalische Bandbreite, die mit diesen Instrumenten wiedergegeben werden kann. Es ist ein Bravourstück für seinen Sohn, der dabei klar machte, dass er nicht nur ein außergewöhnlicher Solist ist, sondern genauso versteht, in einer Gruppe aufzutreten und diese – egal von welchem Instrument auch immer – zugleich auch zu leiten. Mit einem wilden, atemlosen Ritt, harten Unisonoschlägen, rhythmischen Schreien und einer Gesangsbegleitung, die das Testosteron bis in die letzten Reihen des Saales spürbar machten, endete schließlich „Prismatic Final Suite“. Das atemberaubende Konzert wurde von Standing ovations beendet – die sich auch nach jeder der drei Zugaben wiederholten.

Mit Martin Grubinger traten auf: Slavik Stakhov, Rainer Furthner, Leonhard Schmidinger, Alexander Georgiev und Per Rundberg am Klavier.

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Foto ECN

Auf dem Highway to hell mit der Ukulele im Gepäck

Auf dem Highway to hell mit der Ukulele im Gepäck

Ukulele Orchestra of Great Britian • Foto: Allison Burke

Very british kommen sie auf die Bühne. Mit stoischem Gesichtsausdruck nehmen sie Platz und begrüßen erst einmal das Publikum im Festspielhaus St.Pölten. Noch ist nicht die Hölle los – aber zumindest vorausprogrammiert. Das wissen jedoch nur jene, die schon einmal bei einem Konzert der Ukulele Band aus Großbritannien dabei waren.

1985 war der erste Auftritt als reiner Spaß-Gig gedacht. Da er aber dermaßen gut ankam, setzten die Gründer des Ensembles ihre Auftritte kurzerhand mit den „Bonsai-Gitarren“ fort. Heute, nach 35 Jahren, ist ein Großteil der damaligen Mitglieder noch immer dabei. Der Unterschied ist nur, dass sie heute, im Gegensatz zum Beginn, große Häuser wie die Carnegie-Hall oder das Sydney Opera House füllen oder mal schnell bei der privaten Geburtstagsparty der Queen auftreten.

Das Oktett besteht aus 2 Frauen und 6 Männern und hat sich zur Aufgabe gemacht, sein Publikum zu überraschen. Das Ensemble möchte, dass jene, die nicht ganz freiwillig in ihr Konzert kommen und befürchten, eineinhalb Stunden langweilige Ukulele-Klänge über sich ergehen lassen zu müssen, danach zu Fans geworden sind.

Aus diesem Grund besteht das Programm aus einer gelungenen Mischung aus gecoverten Pop- und Rocksongs, aus jazzigen Nummern, Filmmusik und sogar einigen klassischen Stücken. Einer ihrer all-time-hits ist Ennio Morricones Lied aus „The good, the bad and the ugly”, im Gegensatz zum Original kommt es jedoch ohne jegliche künstliche Geräusche und Klänge aus. Alles was zu hören ist, sind Ukuleles und menschliche Stimmen. Und das funktioniert riesig gut. Genauso wie „Hotel California“ von den Eagles oder „I will survive“ von Gloria Gaynor. Mit jedem neuen Stück wird die Stimmung im Saal weiter angeheizt, denn bei diesem breit gefächerten Angebot ist für jeden und für jede etwas dabei.

„Sweet dreams“ von Eurythmics gehört zu jenen anspruchsvollen Ohrwürmern, bei welchen die Briten so richtig zeigen, was sie stimmlich draufhaben, denn die perfekt arrangierten, komplizierten Akkorde kommen rein und dicht zugleich und gehen durch die Ohren wie Samt und Seide. Die Ansage, dass sie sich für den Brexit entschuldigen und sich nicht erklären können, was in Großbritannien derzeit politisch gerade abgeht, nimmt man ihnen aufs Wort ab. Sind sie doch nun seit 35 Jahren im Showbusiness auf der ganzen Welt vertreten. „There is more which unites us then divides us“ – lassen sie an anderer Stelle noch einmal wissen und bekommen dafür langen Applaus.

Der feine britische Humor, den sie mitgebracht haben, sorgt auch für jede Menge Lacher. Vorzugsweise bei ihrer Interpretation von „Every breath you take“ von Police. Sie seien bei einem Besuch im Silicon Valley draufgekommen, dass dies das Lieblingslied von Marc Zuckerberg sei. Wer das gehört hat, kann den Song nie mehr ohne Dauerschmunzeln genießen – probieren Sie es einfach selbst aus!

Bald danach mutiert ein Stück von Georg Friedrich Händel zum 7-stimmigen Kunstwerk. Das clevere Arrangement schafft es, die Grundharmonieabfolge des Barockmeisters mit sieben verschiedenen Nummer 1 Hits zu unterlegen. Nicht enden wollender Applaus belohnte diese tolle Idee und hinreißende Ausführung. Mit AC/DCs „highway to hell“ rockte der Saal schließlich ohne Ende und nach dem finalen Song – „Heroes“ von David Bowie – wurde das Ukulele Orchestra of Great Britain mit Standing ovations bedacht. Ein Abend vollgepackt mit Ohrwürmern, aber auch Unerwartetem sowie jeder Menge Spaß. Great!

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