Gegen den Tyrannen

Gegen den Tyrannen

Gegen den Tyrannen

Von Michaela Preiner

„BEET.SYMPH.FÜNF“ (Foto Barbara Pálffy)

20.

November 2017

Eine merkwürdige Kombination. Eine höchst merkwürdige. Ein kleines Zimmer mit allerlei gebrauchten Sitzmöbeln und einer Spiegel-Psyche, die schon bessere Zeiten erlebt hat. Direkt davor ein übermannshohes, metallenes Rohr mit dem Zeichen einer Haltestelle darauf, samt daran angebrachtem Mistkübel. Wie bei Haltestellen oft üblich.

Zwei Frauen und drei Männer betreten die Bühne des Off-Theater. Eine der Frauen trägt zwei Einkaufssäcke, ein Mann liest in einem imaginären Buch. Nicht alle machen es sich auf den Sitzgelegenheiten bequem, aber alle warten offensichtlich auf das öffentliche Verkehrsmittel. (Ausstattung Devi Saha)

Musik. Zwischen Melodiefetzen von Beethovens Fünfter schieben sich neue Klänge ein und wie auf Kommando verfallen die Fünf in Tanz-Trance. Das bernhard.ensemble produzierte in Zusammenarbeit mit netzzeit anlässlich des Festivals für modernes Musiktheater „out of control“ die Inszenierung – Beet.Symph.Fünf. Der Titel dabei war Programm. Nicht nur, dass die musikalische Richtschnur, die der Arbeit zugrunde lag, die fünfte Symphonie von Beethoven war. Gleich fünf unterschiedliche, zeitgenössische, kompositorische Beiträge schufen eine Neuinterpretation der sogenannten „Schicksalssymphonie“.

Wolfgang Mitterer (1. Satz), Bernhard Fleischmann (2.Staz) ASFAST (3.Satz) schufen je einen Satz, Ursula Winterauer und Fauna waren für den letzten, 4. Satz gemeinsam verantwortlich. Gut zu erkennen waren die unterschiedlichen, kompositorischen Handschriften. Blieb Mitterer noch sehr nahe am Beethoven-Material, konnten die restlichen Kompositionen nicht ad hoc damit in Verbindung gebracht werden. Die Elektronik, die zu Beginn noch verhalten eingesetzt wurde, war im letzten Satz das bestimmende Element.

Die Choreografin Anna Hein, welche die Idee von Ernst Kurt Weigel mit dem Ensemble tänzerisch umsetzte, schuf dabei ein kleines Rebus, das sich erst im Nachgang lösen ließ. Jede der fünf Figuren zeichnete sich durch einen eigenen Charakter aus. Die junge Naive im Dirndl (Vivienne Causemann) bot das Gegenstück zur eher exaltierten, kultivierten Frau. (Carina Werthmüller) Höchst subtil konnte der Hinweis auf die Entstehungszeit der Symphonie verstanden werden, trugen die beiden doch kunstvoll gezopfte angehauchte Biedermeier-Frisuren. Der Wendehals wiederum (Michael Welz) – ausgestattet mit einem Kostüm, das ihn halb im Trachtenanzug und halb im Frack zeigte, bot einem jungen, dynamischen Mann (Michael Walsberger) Paroli, der sich mit ihm sogar in einer Stelle auf einen Käfer-Wettkampf einließ. Einzig Kajetan Dick, ausgestattet mit kurzer Schein-Lederhose und Samtjanker, fand kein geeignetes Spiegel-Gegenüber.

netzzeit bernhard.ensemble BEET.SYMPH .FÜNF 3 ©Barbara Palffy

„BEET.SYMPH.FÜNF“ (Foto Barbara Pálffy)

Stand im ersten Satz die Charakterisierung der einzelnen Typen im Vordergrund – atemberaubend, wie Werthmüller sich ätherisch-geziert an der Spiegelpsyche in Szene setzte, so versuchten alle Beteiligten im zweiten Akt sich einander näher zu kommen, zu beschnuppern und Gemeinsamkeiten zu finden. Der dritte Satz brachte dann eine zuvor schon leicht angedeutete Wendung: Ließ doch der lederbehoste, beethovenfrisierte Außenseiter mit Verführungstendenzen die vier anderen plötzlich nach seiner Pfeife tanzen. Wie unter Drogen formierten diese sich zu einer untrennbaren Gesellschaft und folgten anstandslos den durch Armzeichen angedeuteten Befehlen ihres selbst ernannten Herrschers. Sein plötzlicher Tod im letzten Satz offenbarte den Zusammenbruch des kleinen, kurzlebigen Reiches zwischen Mistkübel, Fauteuil und Spiegelkommode. Selbst jeder Energie beraubt, sanken die Tanzenden über ihrem Anführer zusammen, ausgestreckte Arme und leicht zuckende Finger waren die letzten Lebenszeichen, die sie von sich gaben.

In der Rezeption der Fünften von Beethoven ist nachzulesen, dass es als zutiefst anti-napoleonisches Werk zu verstehen sei, als Werk gegen die Tyrannen. Beet.Symph.Fünf übersetzte diese Idee mit großzügigen, freien, interpretatorischen Möglichkeiten. Zugleich darf das Projekt auch als Tanztheater bezeichnet werden, das nicht nur die Individualität jedes einzelnen Menschen feiert, sondern auch ganz subtil aufzeigt, dass die Beschäftigung mit Tyrannen nicht historisch abgeschlossen ist. Leider.

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Join – oder lieber nicht!

Join – oder lieber nicht!

Selten gab es im Vorfeld einer Kulturproduktion eine so breit gefächerte Vorberichterstattung quer durch die österreichische Medienlandschaft. Das zeigt deutlich, dass die Macher von „Join“ bravourös auf der Medienklaviatur zu spielen wissen. Das muss man Alfred Zellinger und Franz Koglmann zumindest neidlos anerkennen. Leider ist es nicht viel mehr, wofür den beiden Herren Anerkennungstribut gezollt werden müsste. Zumindest nicht im Zusammenhang mit jener Veranstaltung, die der eigentlichen Eröffnung der Wiener Festwochen in der Halle E im Tanzquartier gestern am 8.5. vorangestellt wurde.

Join - Eine Oper bei den Wiener Festwochen

„Join“ eine Produktion von Netzzeit bei den Wiener Festwochen (Foto: Alex Püringer)

Die Schwierigkeit, dem Machwerk eine Kritik gegenüberzustellen, beginnt damit, dass hier eher der Rotstift einer Schularbeitskorrektur angesetzt werden müsste, denn die Qualität des Librettos des ehemaligen Managers Zellinger verschränkte sich mit jener der Musik Koglmanns auf demselben – leider tiefen – Gymnasialniveau. Das Bühnenbild mit den nicht grandios – sondern nur grandios lächerlichen Kostümen schlug zu allem Überfluss in dieselbe Kerbe. Der Plot der Oper – wie eingangs erwähnt – leicht im Netz vielfach nachzulesen – hangelte sich von einer Plattitüde zur nächsten. Ihn hier noch einmal zu replizieren widerstrebt der Rezensentin zutiefst.

Wenn es Menschen gibt, die bis jetzt von den hier an der Leine vorgeführten kapitalistischen Machtspielchen noch nichts gehört haben, so sind die eher in der afrikanischen Savanne oder im australischen Busch zu orten, nicht aber im medienüberfluteten globalen Dorf. Und so kommt Zellingers Text, dessen Basis in den 1990er Jahren entstand, dermaßen altbacken von den diversen Bühnenzuständen in die Zuschauerränge, dass das Wort „Fremdschämen“ plötzlich mit einem neuen subjektiven Erfahrungsschatz ausgestattet wird. Man mag nicht glauben, was hier kredenzt wird. Der als „Querdenker“ in der Musik bezeichnete Koglmann scheint mit seinem kompositorischen Stil genauso wie sein Texter in Zeiten stecken geblieben zu sein, in welchen die Vermischung unterschiedlicher E- und U-Musik-Stile als avantgardistisch bezeichnet wurde. Wie auch immer man nun die Qualität der Komposition beurteilen mag – ob mit dem Mascherl „Third Stream“ oder ohne, die Zusammenfügung von 12-Ton-Musik, Jazz- und Swingelementen, von Rap-Einsprengseln und Bigbandsoundfeeling geschieht in derselben platten Manier wie jene des Textes. Man glaubt es kaum. Da nützt keine aufwendige Bühnenumgestaltung, in welcher das Publikum die Seiten wechseln muss, da helfen auch ganz zum Schluss keine klatsch-evozierenden Rhythmen – der Funke, der in guten Produktionen auf die Zuseherinnen und Zuseher überspringt, ist hier nicht einmal vorhanden.

Viel eher wähnt man sich die gesamte Zeit – und das sind immerhin 1 Stunde und 45 Minuten – in einer hoch subventionierten, wie schon eingangs dargestellt, ambitionierten Schulaufführung. Hier ist auch der Regisseur Michael Scheidl vor den Kadi zu zitieren, denn seine „Zwei Glatt, zwei Verkehrt“ – Umsetzung folgte lediglich der textlichen und musikalischen Vorgabe – und mündete letztlich im Desaster. Vergebene Liebesmüh auch die als Abgesang auf das Bildungsbürgertum verarbeiteten Mozart- Beethoven- und Goethezitate, die lediglich den Peinlichkeitspegel noch ein wenig weiter anheben. Einzige Ausnahme dabei – die Sängerinnen und Sänger die eine Ahnung davon verbreiteten, dass auch Bühnenprofis am Werk sind. Allen voran Katja Reichert in der Rolle der Verkaufsleiterin, deren stimmliches Highlight den Koglmann´schen Noten punktuellen Glanz verleiht. Falls Koglmann und Zellinger der Meinung waren, dem Publikum mit dieser Oper Unterhaltung zu bieten, sei ihnen gesagt, dass ihr Produkt einer intensiven Überarbeitung unterzogen werden müsste, um ihre Intention tatsächlich zu erfüllen. Es bleibt dabei nämlich lediglich der Eindruck, dass jene, für die dieses Stück geschrieben wurde, von den beiden für nicht sehr intelligent gehalten werden – und das ist vielleicht das allergrößte Manko der Produktion.

Belehrungen mit dem Holzhammer, die den gewünschten Transfer ins Komische nicht schaffen, funktionieren nicht. Ein extra Bravo an Annette Schönmüller, deren Mezzosopran völlig in der gekonnten Umsetzung der Model-Rolle Anna Erbs untergeht. Um in der von Zellinger so sehr bemühten Sprache der Börse zu bleiben, kann man getrost eine Empfehlung aussprechen: „Join“ ist ein „Strong Sell„. Dass die kommenden Vorführungen bereits gut verkauft sind, zeigt aber, dass gutes Marketing auch bei inferioren Theaterproduktionen von hohem Wert sein kann. Allerdings nützt auch das wenig, wenn am „Point of Sale“ letztendlich die Versprechungen des Marketing nicht gehalten werden können. Unsere seltene Empfehlung daher: Daumen nach unten.

Hier auch eine Diskussion zum Thema: Join – sorgt für Aufregung

Das späte Schulddenken

Das späte Schulddenken

Amazonas – Tilt! + Amazonas – A Queda do céu!

Amazonas a queda do ceu im Musuemsquartier - Netzzeit

Amazonas a queda do ceu (Foto Regine Körner – Münchner Biennale)

Ein dunkler, langgestreckter Bühnenraum empfängt das Publikum. Kein Bühnenbild, das ersichtlich wird, lenkt die Gedanken ab. Einzig das Ensemble piano possibile, das rechts von der Bühne Aufstellung genommen hat, bietet einen Anhaltspunkt auf Kommendes: Auf zeitgenössisches Musiktheater mit dem Titel „Amazonas Tilt!“ Der darin verwendete Text von Roland Quitt basiert auf dem Reisebericht von Sir Walter Raleigh, der 1595 aufgebrochen war, den Orinoko zu erkunden. Seine Schriften geben frühe Einblicke in den Beginn der Kolonialisierung, in das Verständnis der Europäer, erstbereistes Land im Namen der jeweiligen Herrscher als Eigentum derselben zu erklären. Angetrieben von der Suche nach El Dorado verlieren die Entdecker jegliche Empathie und setzen sich von Beginn des Zusammentreffens mit den Eingeborenen wie selbstverständlich über sie hinweg. Vom Geschichtsunterricht her ist uns das Geschehen im Groben bekannt. Auch seine Auswirkungen bis auf den heutigen Tag. Was an diesem Abend jedoch an Erfahrungswert hinzukommt, ist nicht nur der kraftvollen Musik von Klaus Schedl zu verdanken. Auch die dichte, auf den Punkt gebrachte Regie von Michael Scheidl tut ein Übriges, um das längst vergangene Geschehen wachzurufend und – was schwerer wiegt – ein Gefühl von Betroffenheit zu hinterlassen. Das gelingt vor allem durch eine sehr intelligente Visualisierung von Sir Walter Raleigh, der an diesem Abend gleich in drei Persönlichkeiten aufgespalten wird. Auf großen Bildschirmen sind seine unterschiedlichen Konterfeis zu sehen, wobei Moritz Eggert und Christian Kesten die meiste Zeit Mafalda De Lemos in ihre Mitte genommen haben. Sie deklamieren und singen in schier riesenhafter Größe über die Strapazen ihrer Eroberung und über die Ähnlichkeit einer Eingeborenen mit einer englischen Lady. Einzig ihre Hautfarbe würde die beiden voneinander unterscheiden. Und so kommt es – zwangsläufig möchte man sagen – nicht nur zur Inbesitznahme von Guiana sondern auch zur Unterjochung bis hin zur Vergewaltigung der Menschen dieses Landstriches. Wie Mafalda De Lemos anfangs zärtlich, zum Schluss brutal ihre und die Hände der beiden Männer über ihr Gesicht gleiten lässt, gehört zu einem der einprägsamsten Bilder dieses Abends. Selten, dass eine so abstrahierte Vergewaltigung so tiefe Spuren von Abscheu in der Erinnerung hinterlässt. Dem zur Seite gestellt wütet Schedls Musik, ohne auch nur eine Minute Entspannung aufkommen zu lassen. Unheilvoll, gleich von Beginn an, ändert sie nie ihre Farbe und macht dadurch deutlich, dass nichts, aber auch schon gar nichts, an diesem Geschehen schön geredet werden kann. Das Publikum muss sich ganz auf dieses furiose Geschehen einlassen. Widerstand zu leisten ist zwecklos und endet allenfalls im Verlassen des Saales. Doch es sind wenige, die die Flucht ergreifen. Der Großteil der Menschen sitzt gebannt vor den drei nebeneinander angeordneten Leinwänden, die zur Abwechslung zwischendurch zu durchsichtigen Wänden mutieren, hinter denen die drei Charaktere in leibhaftiger Größe zu erblicken sind. Es sind gerade diese Momente, die am ehesten artifiziell erscheinen und die Gedanken für Sekunden in den Kontext von zeitgenössischem Musiktheater abschweifen lassen. Die übrige Zeit jedoch ist man damit beschäftigt, dem Bericht über die mühselige Zeit im Amazonasgebiet zu lauschen und der Gewalt ausstrahlenden Komposition selbst Herr – oder Frau zu werden. Was bleibt ist eine Flut von einprägsamen Gesichtsbildern und das diffuse Gefühl, selbst einen Anteil wenn schon nicht an der Geschichte an sich, so dann doch an der daran anschließenden Entwicklung zu haben.

Nach der Pause kommt im Rahmen von „Out of Control 2013“, dem Festival für Neues Musiktheater in Wien, noch ein Stück zur Aufführung, das sich mit der Eroberung des Amazonasraumes beschäftigt. Amazonas – Aqueda do céo, was übersetzt soviel bedeutet wie „Der Einsturz des Himmels“ fußt abermals auf einem Text von Roland Quitt, der ihn nach der Überlieferung Yanomanischen Mythen gestaltete. Tato Taborda zeichnete für die Musik verantwortlich, die gleich von zwei Ensembles gespielt wird. Einerseits abermals vom „piano possibile“ andererseits kommt zusätzlich das Ensemble „die reihe“ zum Zug. Die üppige Komposition ist bei dieser Aufführung dem Geschehen auf der Bühne zwar untergeordnet fungiert jedoch größtenteils als Stimmungsbeschreibung. Und die kann durchgehend als düster bezeichnet werden. Abermals, wie schon bei der Produktion zuvor, spielt das nicht vorhandene Licht eine Hauptrolle, die Platzierung des Publikums im Raum ist jedoch eine andere. Das Bühnengeschehen ist in die Mitte von zwei sich gegenüberliegenden Sitzreihen verlegt. Der am Boden aufgeschüttete rote, aufgeschüttete Kies dämpft jeden Schritt. Die Beleuchtung ist so heruntergefahren, dass die SchauspielerInnen nur schemenhaft erkannt werden können. Der lange Prolog zu Beginn, der am Ende des Geschehens auch als Epilog verstanden werden kann und von Kristina Bangert, Grischka Voss und Ernst Kurt Weigel interpretiert wird, erzählt die Geschichte der Yanomami. Er berichtet von ihrem abgeschiedenen Leben im Regenwald über die Eroberung durch die Weißen bis hin zur Auflösung ihres Stammes. Im Dunkel des Raumes bewegen sich die drei während ihrer Erzählungen rund um die Bühne und ahmen dabei immer wieder Tierstimmen nach. Erst als die weißen Eroberer die Bühne betreten, wird das Licht ein wenig heller, sodass man das Treiben besser verfolgen kann. Und es bleibt nicht beim passiven Zusehen. Von der Decke herabfallende Stoffbahnen versperren den Blick auf die gesamte Darstellung so, dass man sich veranlasst sieht, ebenfalls auf die Bühne zu gehen und zwischen den labyrinthartigen Stoffbahnen nach den Aktionen zu suchen, die man zwar hören, aber nicht immer sehen kann. Und so wird man rasch ganz unerwartet ebenfalls zu einem Teil der Eroberer, zu einem Eindringling in einen Raum, der eigentlich nicht für ihn bestimmt ist. Die Dramatik des Geschehens kulminiert in vielzähligem Sterben und in der Errichtung einer dampfenden Maschine die zwar die technische Zivilisation versinnbildlicht, aber umgeben von Leichen zugleich sichtbar macht, welcher Preis dafür gezahlt werden musste. Wie schon bei Amazonas – Tilt! stellt sich auch hier das Gefühl ein, keine Unschuld für dieses Geschehen vorweisen zu können. Zu leicht und schnell funktioniert hier der Assoziationstransfer ins Hier und Jetzt unserer Breitengrade. Zwar ist es bei uns nicht der Regenwald, den wir haltlos niederbrennen, zwar sind es bei uns keine Eingeborenen, die unter unserem Konsumrausch leiden, Beispiele unserer Naturzerstörung gibt es aber genügend und eine Minderheit wie die Roma, der wir zwanghaft versuchen unseren Kulturstempel aufzudrücken, leidet tagtäglich unter den Repressalien, denen sie derzeit ausgesetzt ist. Das große Ensemble, bestehend aus SchauspielerInnen, SängerInnen und TänzerInnen leistet Schwerstarbeit durch die ständige Präsenz, die ein ununterbrochenes Agieren erfordert. Die extreme Nähe zu ihnen und der Shiftwechsel vom Publikum zum ebenfalls auf der Bühne Agierenden verstärken das Feeling, Teil dieses Eroberungsfeldzuges zu sein und machen zugleich auch deutlich, wie rasch im Kollektiv so manches akzeptiert wird, was man als einzelner verdammen würde.

Die beiden Aufführungen, Koproduktionen von netzzeit, Münchener Biennale, SESC São Paulo, Goethe Institut, ZKM Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, Hutukara Associação Yanomami, Teatro Nacional de São Carlos (Lissabon) zeigen, was zeitgenössisches Musiktheater imstande ist zu leisten. Zwei sehenswerte Vorstellungen zum Nach-Denken, die dennoch ohne eine didaktische Holzhammermethode auskommen.

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