Es schadet nicht, den Beruf von allen Seiten kennenzulernen
13. November 2013
Als Absolventin der Meisterklasse für Bühnenbild der Akademie für bildende Künste arbeitet sie in Wien kontinuierlich mit Anna Maria Krassnigg aber auch mit Jérôme Junod in Deutschland zusammen.
Michaela Preiner
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Es gibt Bühnenbildnerinnen, die bestimmte Regisseurinnen und Regisseure quasi „gebucht“ haben. Eine solche ist die aus Bayern stammende Lydia Hofmann, die – wie viele ihrer Landsfrauen – im kulturellen Bereich in Wien ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben.

Als Absolventin der Meisterklasse für Bühnenbild der Akademie für bildende Künste arbeitet sie in Wien kontinuierlich mit Anna Maria Krassnigg aber auch mit Jérôme Junod in Deutschland zusammen. Und auf die Frage, wer denn eigentlich ihre Lieblingsregisseurinnen und -regisseure seien kommen auch prompt diese beiden Namen. Was denn eigentlich ihr Lieblingsprojekt gewesen ist, möchte ich auch gerne wissen: „Eigentlich immer das Aktuelle“ kontert die junge Frau sofort. „Außer, es läuft nicht wirklich rund. Das ist mir aber erst ein einziges Mal passiert, das war in Süddeutschland. Da hat die Regisseurin noch während der Proben alles insgesamt drei Mal umgeschmissen und ich musste jeweils die neue Bühnenbildproduktion stoppen. Das war für mich ein absolutes „Nie-wieder“-Erlebnis. Aber tatsächlich war eines meiner Lieblingsprojekte meine Diplominszenierung „Gefährliche Liebschaften“ am Max-Reinhardt-Seminar. Dafür hab ich Kostüme aus Metall gemacht. Also nicht gerade schauspielerfreundlich. Aber ich bin ja ein fairer Mensch und hab zuvor alles selbst getestet. Da hatte ich zum Beispiel Flügelschrauben als Verzierungen eingebaut und musste aber darauf achten, dass die Kostüme leicht an- und auszuziehen waren. Das war wirklich eine schöne Anfangserfahrung.

Was machen Sie, wenn Sie, wie gerade erwähnt, andere Vorstellungen haben als die Regisseurin oder der Regisseur?

Normalerweise weiß man schon beim ersten Gespräch, ob man gut miteinander kann oder nicht. Wenn es gut geht, dann geht man mit seiner Vorstellung von einer bestimmten Mitte aus und tastet sich von der weiter vor. Man kann sich seine Partner aber nicht immer aussuchen und als junge Bühnenbildnerin nimmt man klarerweise erst einmal jeden Auftrag an, den man bekommt.

Wie kamen Sie zu diesem Beruf?

Meine Eltern waren beide Lehrer für Bildende Kunst und haben sich an der Akademie in München kennengelernt. Ich habe mich immer auch schon für Bildende Kunst interessiert und ging dann ganz unbedarft mit 17 in die Akademie nach München und wollte mich dort einschreiben. Da hat man mir erst einmal gesagt, dass ein Abitur vorweg eine günstige Sache wäre – was ich dann halt auch gemacht habe.

Lydia Hofmann lacht noch im Nachhinein über ihre ungestüme Unbedarftheit. Aber aus diesem Hinweis geht sehr schön ihre Zielstrebigkeit hervor, für die es eigentlich kein Wenn und Aber in Bezug auf ihre Berufswahl gab.

Ich war auch Mitglied einer Theatergruppe und habe dort auch schon Bühnenbild gemacht. Das Schöne daran ist, das man dabei auf nichts verzichten muss. Malerei, Skulptur, Theater und Literatur, alles was ich gerne mag kann ich dabei vereinen. Es ist toll, dass man Sachen live einbauen kann, bis hin zu Gerüchen und Geschmäckern und ich finde es schön, dass dabei immer eine Geschichte erzählt wird.

Gerüche und Geschmäcker baute Lydia Hofmann erst in einer der jüngsten Produktionen von Anna Maria Krassnigg ein, nämlich am Auftaktabend der Serie in der „LiteraTurnhalle“ im Salon5. Bei der Vorstellung von Büchern Wilfried Steiners unter dem Motto „Triptychon der Künste“ trat die couragierte Allrounderin nicht nur als Bühnenbildnerin auf, die dem Abend eine stimmungsvolle sphärische Ummantelung beisteuerte. Zugleich war sie auch Köchin und Servierdame in drei verschiedenen Outfits, die jeweils zum vorgestellten Buch passten. Dabei reichte sie drei Mal drei Gerichte jeweils in den Farben Schwarz-Rot und Weiß, was sich, wie schon erwähnt, auch in ihrer Garderobe widerspiegelte.

Mir gefällt dieses neue Format, in dem Literatur vorgestellt wird, sehr. Das ist keine klassische Lesung, wie man sie kennt und bei der man manches Mal ganz schön Durchhaltevermögen braucht. Vielmehr wird in einer szenischen Einbettung erzählt, gespielt und gelesen. Am zweiten Abend, an welchem die Hochstaplernovelle vorgestellt wurde, habe ich den Raum mit vielen Tischchen ausgestattet, sodass das Publikum als „Jagdvieh“ des Hochstaplers fungierte. Auch an diesem Abend hatte ich mehrere Aufgaben und trat sogar als eine der Figuren nämlich „Denise“ auf. Es schadet ja nicht, wenn man den Beruf von allen Seiten her einmal selbst kennenlernt!

Wie viele Produktionen pro Jahr schaffen Sie denn?

Also fünf bis sechs pro Jahr würde ich schaffen, es kommt aber darauf an, ob sie parallel laufen. Dann benötigt man schon eine Assistenz, das ist alleine nicht mehr machbar. In diesem Sommer habe ich ja bei den Wiener Festwochen „Die Kinder von Wien“ gemacht und gleichzeitig das „Kätchen“ in St. Gallen mit Jérôme. Wobei ich bei der Inszenierung in Wien auch für die Technik verantwortlich war und auch schon mal auf dem Dach herumgekrabbelt bin, um es zu verdunkeln.

Ihr handwerkliches Geschick und Ihr technisches Wissen, woher kommt das?

Mein Vater hatte eine große Liebe und Affinität zur Technik. Am Vormittag unterrichtete er Bildende Kunst und am Nachmittag war er Naturwissenschaftler. Er war Amateurfunker und hat im Wohnzimmer gerne gelötet. Im Garten hatte er einen 6m hohen Parabolspiegel, weswegen wir auch einmal eine Hausdurchsuchung hatten. Die Leute aus dem Dorf hatten uns angezeigt und Angst, wir wären sogenannte „Schläfer“. Bei der Hausdurchsuchung haben sie dann den Fernseher aufgeschraubt und nur Elektroschrott und die Kinder Walky-Talkies von meinem Bruder und mir mitgenommen. Das war richtig absurd. Am Ende haben wir alles wiederbekommen, inklusive einer Entschuldigung, aber vergessen habe ich diese Aktion nicht.

Sie kochen auch gerne und leidenschaftlich.

Ja, das habe ich schon mit 8 Jahren angefangen. Meine Mutter hat mir immer gezeigt wie was geht und ich habe oft mitgeholfen und als ich acht Jahre alt war, musste meine Mutter mittags nach der Arbeit immer zu meinen Großeltern, weil es ihnen gesundheitlich nicht mehr gut ging. Da habe ich begonnen, für meinen Bruder, meinen Vater und mich zu kochen. Mein erstes Gericht waren Calamari und Backkartoffeln. Die liebte ich sehr. Ist mir auch gut gelungen, nur waren die Portionen doch zu klein. Die hatte ich an meinem Kinderappetit bemessen. Ich habe mich immer gefreut, mit meinen Eltern nach München zu fahren. Darauf, dass wir uns eine Ausstellung ansahen und danach in ein Lebensmittelgeschäft gingen. Je exotischer das war, umso lieber war es. Und ich mag es noch heute mir Dinge anzusehen und zu kaufen, die ich nicht kenne. Wenn ich mit meiner Mutter beim Metzger war, habe ich immer auf Teile gezeigt, die ich noch nicht gegessen hatte und gesagt: Kenn ich nicht, will ich! So kam es schließlich dann auch einmal zu einer Hirnsuppe. Ich kenne mich in vielen unterschiedlichen Küchen aus, esse prinzipiell alles und denke mir gerne neue Sachen aus. Am liebsten habe ich es, wenn ich mir Zeit nehmen kann, um lustige Menüfolgen auszudenken, Freunde einzuladen und den Abend dann unter ein Thema zu stellen. Mit Petra Stadler habe ich vor Kurzem erst einen Gesangsabend gemacht und zu jedem ihrer Lieder einen eigenen Gang serviert. Diese Art von Kochevent macht mir richtig Spaß, denn da kann ich gleichzeitig kochen und inszenieren!

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