Ein Sarg auf der Bühne macht noch keine Leiche

Von Michaela Preiner

Kirstin Schwab
09.
November 2017
Mit bunten, aus Zeitschriften ausgeschnittenen Zettelchen ist er beklebt. Der Sarg, der mittig platziert, den Bühnenraum beherrscht. Ihm widmet sich Kirstin Schwab in ihrer One-Woman-Show gleich zu Beginn.
Die Schauspielerin, hauptsächlich durch ihre Arbeit mit dem Salon5 und dem Aktionstheaterensemble einem größeren Publikum bekannt, lädt in ihrem ersten Solo „Kirstin Schwab sitzt auf einem Sarg und feiert Geburtstag“ im Theater Drachengasse zu einer fröhlich-traurigen, oberflächlich-tiefgründigen Innenschau ein. Dabei überwindet sie ihre tiefsten Ängste und verschwindet sogar in der Totenkiste um festzustellen, dass es eigentlich unmöglich ist, ausdrucksstark eine Tote zu spielen.

Hard-core-Vorsprechen, basteln und träumen

Da es mit Bühnenpartnern aber meist erheblich leichter fällt zu performen als alleine, schlüpft Schwab auch in die Rolle eines grindigen Theaterdirektors, der mittels Videoeinspielung das Publikum zu Lachsalven animiert. Ungewollt natürlich, denn das Ekelpaket, dem Kirstin vorsprechen möchte, ist sich seiner Lächerlichkeit nicht bewusst. Ganz im Gegenteil. Es ist eine jener Szenen, in welchen Schwab ihr komödiantisches Talent zum Besten gibt, ein Talent das ihr so sehr liegt. Auch wenn sie selbst davon träumt, eher die großen Frauenrollen der Bühne einmal zu spielen, angefangen von Julia bis Lady Macbeth, wenn´s sein muss Macbeth auch himself.

Eine Basteltante, die tollpatschig ein kleines „Ich bin ich“ basteln möchte, sowie der technisch überbegabte Heroe MacGyver, der unter Aufbietung all seiner technischen Fähigkeiten einen Würstelaufwärmautomaten instand setzt, strapazieren die Lachmuskeln des Publikums ebenfalls gehörig. Doch der Abend hat weit mehr zu bieten als nur Jux und Tollerei. Die unterschiedlichen Schwab-Ichs wollen gehört werden und so erfährt man von ihrem Putzzwang genauso wie einem genialen Trick, sich selbst alljährlich auf einem Londoner Friedhof die Liebe zu sich selbst zu gestehen.

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„Kirstin Schwab sitzt auf einem Sarg und feiert Geburtstag“ (Foto: Felix Dietlinger)

Schwab-jandeln ohne Versprecher

Wenn sie ohne Versprecher schwab-jandelt, dass es eine wahre Freude ist, wird man Zeuge ihrer Lust am Formulieren und an Sprachspielen. Doch trotz aller Bühnenpräsenz blitzen immer wieder Selbstzweifel durch, die ihr nicht gestatten, auf ihre eigene Leistung stolz zu sein.

„Der Sprung muss kommen!“, versucht sie sich mantraartig Mut zur eigenen Karriere zuzureden, während sie zugleich hart daran arbeitet, ihr Entschuldigungs-Syndrom loszuwerden. Zur Feier, die sie schließlich ausrichtet, sind am Ende der Show alle eingeladen – alle ihre Ichs, die sie mag und auch all jene, die sie nicht leiden kann. Wie schön, dass dabei kein Platz leer bleibt, wenn die „kleine Frau mit der dunklen Stimme“ letztlich mit allen Versöhnung feiert.

Weitere Termine: 10./11.November 2017

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