Mehr als nur ein Halleluja

Foto: Natalie Paloma Photographie

In Mitteleuropa ist es Tradition geworden, Georg Friedrich Händels „Messiah“ in der Fastenzeit aufzuführen. Wenngleich es dafür ganz unterschiedliche Aufführungsmodi gibt. Das Oratorium, 1741 innerhalb von drei Wochen geschrieben, enthält insgesamt 53 musikalische Nummern und ist in drei Teile eingeteilt. Häufig gelangt nur ein Teil zur Aufführung, oder es werden Streichungen von einzelnen musikalischen Teilen vorgenommen.

Das Publikum im ausverkauften Goldenen Saal des Musikvereins kam in einen seltenen Genuss.Der Chorus sine nomine unter der Leitung von Johannes Hiemetsberger wählte die schwierigste und anspruchsvollste Aufführungsvariante. Er führte mit der Instrumentalbegleitung des Ensembles Prisma das Oratorium in seiner vollen Länge auf.

Hiemetsberger hat schon in den letzten Konzerten mit ungewöhnlichen Einfällen Originalität bewiesen. So auch in diesem, nicht nur was die Interpretation aller drei Teile betrifft. Er griff auch in der Besetzung der Solisten und Solistinnen auf eine Vorgehensweise zurück, die zu Zeiten von Händel noch nicht unüblich war. Den Altus besetzte er mit Markus Forster, einem Countertenor. Dieser lieferte mit seinem speziellen Timbre eine weitere Klangschattierung zu den drei anderen Solo-Stimmen bei, was sich als sehr reizvoll erwies.

An seiner Seite glänzte Ursula Langmayr mit einem wunderbar sicheren und voluminösen Sopran. Ihr zartes Tremolo passte außerordentlich gut zu den vielen, kleinen barocken Verzierungen, die ihr Part aufweist. Gernot Heinrich durfte seinen samtweichen Tenor präsentieren, der in schönem Gegensatz zu Matthias Helms kräftigem, virlen Bass erklang.

Außergewöhnlich war auch die Aufstellung des Cembalos, dessen Corpus in der Mitte der Bühne auf der kleinen, transportablen Orgel auflag. Auf diese Weise kam dieses ausgesprochene Kammerinstrument, das vor allem bei einer großen Chor- und Orchesterbesetzung sonst klanglich oft völlig untergeht, wunderbar zur Geltung. Außerdem konnte Johannes Bogner so an mehreren Stellen im dritten Teil nahtlos vom Cembalo ans Orgelregister wechseln, was für höchst ungewöhnliche Klangmischungen sorgte.

Besonderes Augenmerk legte Hiemetsberger nicht nur auf die präzise Führung seines Chores, der immer wieder aufs Neue beeindruckt. Auch das Ensemble Prisma wurde von ihm unglaublich nuanciert geleitet. Vor allem in der sehr farbig gestalteten Dynamik, die sich an einigen Stellen innerhalb von wenigen Noten ensembleübergreifend exaktest veränderte, beeindruckte der Klangkörper. Gut hörbar war auch der Kontrabass von Alexandra Dienz. Auch dieses Instrument, wenn es nicht von einer herausragenden Qualität ist und auch ebenso gespielt wird, ist leider viel zu selten gut aus einem Klangkörper herauszuhören. Die glasklare, ja beinahe durchsichtige Instrumentalwiedergabe der Partitur und  der perfekt abgestimmte Chor präsentierten die komplexe Musik gut nachvollziehbar. Und dies mit einem intensiven, aber völlig unaufgeregten Dirigat.

Das Konzert am 13. März war eine musikalische Sternstunde, nicht nur für die Sängerinnen, Sänger und Musizierenden an ihren Instrumenten. Das Publikum dankte mit derart langen Ovationen, dass Hiemetsberger zur großen Freude und unerwartet das „Halleluja“ als Zugabe noch einmal singen ließ.

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