Musik am Hofe des Kurfürsten Albrecht von Brandenburg

Von Besinnungsübungen und Liturgien, Ausstellungen und Vorträgen bis hin zu musikalischen Ereignissen der Superklasse reichte das vielfältige Programm. Und dass es für das Konzert in der Stiftskirche reichlich Konnotationen zur derzeit laufenden Ausstellung „Lucas Cranach im Exil“ gibt (lesen Sie hierzu auch meinen Blogartikel) zeigt, wie sehr Eirich sich mit der aktuellen, kulturellen Situation in Aschaffenburg auseinandergesetzt hat und bemüht war, diese klug in sein eigenes Programm einzubinden. Das Johann Rosenmüller Ensemble bot ein Konzert unter dem Titel „Musik am Hofe des Kurfürsten Albrecht von Brandenburg“, welches die Musiker bereits 2002 auf CD eingespielt haben. Dies nun in der Stiftskirche von Aschaffenburg aufzuführen, dürfte wohl auch für die Orchestermitglieder eine einmalige Erfahrung gewesen sein, erklangen doch wahrscheinlich einige der vorgebrachten Werke nach vielen hunderten von Jahren abermals an jenem Ort, an dem sie ihre Uraufführung erlebt hatten. Und dies völlig unspektakulär, in einem Konzert, das jede und jeder erleben durfte, der oder die Lust dazu verspürte, ohne auch nur einen Euro Eintritt bezahlen zu müssen. Ein zweites Mal „Bravo“ an Herrn Eirich. Unter diesem Blickwinkel ist eine strafende, mit erhobenem Zeigefinger stattfindende Konzertkritik ohnehin nicht gestattet, ganz abgesehen davon, dass diese nicht gerechtfertig wäre. Das Ensemble, zusammengesetzt aus zwei Sopranistinnen, einem Altisten, einem Tenor, einem Bass, einem Zinkenspieler, einer Dulzianinterpretin, einem Posaunisten, einem Organisten, und einem Lautisten bot Renaissancemusik vom Feinsten. Mit wunderbar aufeinander abgestimmten Instrumenten und weichen, fein modulierten und schön akzentuierten Stimmen, von denen einige besondere Hervorhebung verdienen. Marek Rzepka gehört extra vor den Vorhang gebeten. Sein über die Maßen klarer und zugleich weicher Bass, geschmeidig und lyrisch, ohne jedoch je in Unsauberkeiten abzugleiten, war ein unglaublicher Genuss. Gewiss war er etwas bevorzugt, hatte er doch stellenweise die Unterstützung der kleinen Orgel, die, wie zu jener Zeit üblich, vor allem den Generalbass vorgab, der natürlich streckenweise mit der Basssingstimme deckungsgleich ist. Diese Bemerkung soll aber in keiner Weise die Leistung von Rzepka schmälern, die nicht genug hervorgehoben werden kann. Wann immer es Ihnen möglich ist, besuchen Sie ein Konzert mit diesem Sänger. Ebenso untadelig zeigten sich die Stimmen der beiden Sopranistinnen Eva Lebherz-Valentin und Annegret Kleindopf, die teilweise Soli zum Besten gaben wie das Marienlob „Maria zart“, das von Johannes Vogt mit seiner Kurzhalslaute begleitet wurde. Es zählte für mich zu den großen Erkenntnissen zu hören, dass sich ein so volumenschwaches Instrument wie es die Laute für gewöhnlich ist, dennoch in einem großen Raum behaupten kann, wenn es klug positioniert ist und dementsprechend auch eingesetzt wird. Die Solodarbietungen von Vogt könnten zwar Anlass zu der ein- oder anderen diskursiven Frage bieten, die ebenso beim Organisten Martin Lubenow angebracht wäre. Aber gerade ihre nicht aalglatten, von kleinen Unreinheiten oder spürbaren Aufgeregtheiten gekennzeichneten Darbietungen trugen dazu bei, dass es möglich war, eine Authentizität zu verspüren, deren Professionalität ohnehin ein Vielfaches von dem darstellt, was wohl vor rund 500 Jahren den Nobilitäten zu Gehör gebracht wurde. Arno Paduch, der Ensembleleiter führte nicht nur vor, wie angenehm weich ein Zinken klingen kann, sondern erwies sich auch in der Auswahl der Abfolge der dargebotenen Stücke mit einem besonderen Ohr und einer großen Feinfühligkeit ausgestattet. So reihte sich eine Renaissanceperle an die nächste, folgte eine feine Harmonie an die andere, egal ob polyphon mit allen Instrumenten begleitet, oder einstimmig, nur durch ein Instrument dargeboten. Als Österreicherin kam so etwas wie Nationalstolz auf, als sich die Stimmen zur Huldigung des Kaisers Maximilian, einem Zeitgenossen des Fürsten von Brandenburg kräftig vereinten, oder auch Austriae hervorhoben, durch den musikalischen Kunstgriff, das Wort kurz hintereinander in den unterschiedlichen Stimmen anzulegen. Und langsam konnte ich erkennen, dass der Kulturkreis dem ich angehöre eine lange Tradition aufweist und dessen Amalgam über die Grenzen und Jahrhunderte hinweg sich aus der Kunst und Kultur speist. Ein Gedanke, der Mut macht auch für künftige Zeiten und Entwicklungen und der dazu förmlich aufruft, Zeitgenössisches, wie schon vor hunderten von Jahren, dementsprechend zu fördern und zu unterstützen. Ein Gedanke kam mir noch in der mit Renaissanceskulpturen reich ausgestatteten Stiftskirche: dass wir vielen Menschen aus der Zeit Albrechts von Brandenburg etwas voraus haben; nämlich abseits seines Hofes und der Abhängigkeit davon uns dennoch über seine Musik erfreuen zu dürfen. Danke, noch mal Herr Eirich!

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