Weibliche Hybridwesen

Weibliche Hybridwesen

Michaela Preiner

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19.

Januar 2019

Im Jänner gastierten zwei Tanzproduktionen an einem Abend im Off-Theater in der Kirchengasse. Mit den beiden Produktionen erlebte das Publikum einen intimen, wenngleich auch höchst intensiven Tanzabend.

Weibliche Hybridwesen

Michaela Preiner

Andrea Nagl in "Sequitur" (Foto: Wintersberger)
19.
Jänner 2019
Im Jänner gastierten zwei Tanzproduktionen an einem Abend im Off-Theater in der Kirchengasse.

SEQUITUR_CALEIDOSCOPIA_ EXT.

Mit Sequitur Caleidoscopia EXT. kam ein Werk mit der musikalischen Grundlage von Karlheinz Essls Sequitur IIb und IVb zur Aufführung, das in der miterlebten Vorstellung eine überraschende Wende erfuhr. Die mit computergesteuerten Visuals ausgestatte Produktion ließ – sowohl was die musikalische als auch die tänzerische Aussage betrifft – jede Menge Interpretationsspielraum.

Essl verwendet für das Stück den Einsatz einer live gespielten Viola, die mit synthetischen Klängen aus dem Computer ergänzt wird. Das Programm dazu verwendet die Live-Klänge der Viola und stattet sie mittels zufällig gewählter Sequenzen mit Klängen aus, die bei jeder Aufführung anders sind. Obwohl diese Komposition von der Besetzung her dualistisch angelegt ist, verschmelzen diese beiden Partien in einigen Passagen zu einem untrennbaren Ganzen. Sowohl für die Musikerin Judith Reiter als auch für die Tänzerin Andrea Nagel bringt dieses Stück eine große Herausforderung mit sich, denn die einzige Konstante des Werkes ist die der Veränderung.

 Andrea Nagl zeigte in ihrer eigenen Choreografie Bewegungsmuster, die sich in unterschiedlichen Abfolgen wiederholten. Dabei wurde man immer wieder auch an frühe Werke des Ausdruckstanzes des 20. Jahrhunderts erinnert. Dennoch wurde der Bogen zum choreografischen Repertoire unserer Zeit ebenso aufrechterhalten. Konzentrierte, langsame Gesten, Rollen am Boden, immer wieder ein ausgestreckter Arm und eine ausgestreckte Hand unterstrichen die artifizielle Werkanlage.

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Andrea Nagl in "Sequitur"  (Foto: Wintersberger)
Nach üppigen Klängen und bildmächtigen Schwarz-Weiß-Projektionen von MONOCOLOR (Marian Essl), in welchen sich geometrische Strukturen hin zu organischen verwandelten, stoppte sowohl der elektronische Klang als auch die Bildprojektion. Lediglich das organische Klangbild der Viola und der Tanz von Nagl blieben für eine lange Strecke die bestimmenden Elemente. In dieser konzentrierte sich das Geschehen wesentlich stärker auf die Person der Tänzerin, auf das Menschliche an sich, als dies zuvor der Fall gewesen war. Dass es sich dabei nicht um einen gewollten Kunstgriff, sondern um einen Ausfall des Computersignals gehandelt hatte, erfuhr man erst nach Ende der Performance, die jedoch gerade durch diese technische Panne eine weitere und auch logische Komponente erhalten hatte.

 Die zunehmende Hektik und Getriebenheit der Choreografie, die ihre Entsprechung im Klangbild fand, endete letztlich ruhig, aber dennoch mit einer finalen Schrecksekunde, in der ein letzter Atemstoß der Tänzerin zu vernehmen war.

 

In Between

Monika Huemer und Natascha Wöss schlossen mit ihrer Arbeit „IN BETWEEN“ an die Grundaussage eines menschlich hybriden Wesens, das schon zuvor ein Thema war, inhaltlich an. Otto Pölzl lieferte dazu das Sounddesign, Franz Flieger Stöger das Lichtdesign. Die beiden Tänzerinnen verkörpern in der Produktion zwei unterschiedliche Charaktere, die sich in verschiedenen Transformationsstadien zu befinden schienen.

Monika Huemer übernahm dabei den Part eines Cyber-Wesens, das völlig von außen gesteuert schien. Mit eckigen, abgehackten moves und einer enormen Körperbeherrschung in einer gefühlt minutenlangen Sitzstellung, bei der die abgewinkelten Beine in der Luft vor dem Körper regungslos verharrten, verwies sie auf ein Leben ohne Emotion. Ganz anders hingegen trat Natascha Wöss auf. So, als ob sie fürchten würde, in denselben Zustand wie ihre Kollegin zu fallen, wehrte sie sich offenkundig mit Händen und Füßen gegen diese Transformation, von Angst vom Scheitel bis zu Sohle durchgeschüttelt, über die ganze Länge der Performance.

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„In Between“ (Fotos: Otto Pölzl)
Der rhythmusbetonte Sound vermittelte eine düstere Klangwelt, in der die beiden Tänzerinnen vollkommen gefangen schienen. Gerade die beiden gänzlich unterschiedlichen Choreografien, die hier in einem Stück vereint wurden, machten den besonderen Reiz dieser Performance aus.

 Mit den beiden Produktionen erlebte das Publikum einen intimen, wenngleich auch höchst intensiven Tanzabend.

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