Es war einmal ein Juckreiz von mittlerer Größe

Der Sänger und Dramatiker Oren Lavie, 1976 in Israel geboren, schrieb das Kinderbuch „Der Bär, der nicht da war“. Es wurde von niemand Geringerem als Harry Rowohlt übersetzt und von Wolf Erlbruch illustriert. Im Dschungel Wien ist nun eine zauberhafte, dramatische Fassung für Publikum ab 5 Jahren zu sehen.

Dabei werden die Erwachsenengedanken zwischen der ätherischen Sprache des kleinen Prinzen, dem Freundes-Surrounding von Pu dem Bären und der Identitätssuche des kleinen „Ich bin ich“ kräftigst gekitzelt.

Der Wiedererkennungswert bleibt erhalten

Den makemake Produktionen gelang das Kunststück, die Buchillustrationen auf der Bühne wiedererkennbar zu produzieren. Die Bäume und der Wald sehen aus wie die Bäume und der Wald von Erlbruch. Auch die Bären, die sich anfangs aus kleinen, braunen Blättern entfalten lassen und die Schildkröte, die ihre Taxidienste anbietet, scheinen sich aus ihrer papierenen Umgebung befreit zu haben.

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Zu Beginn sind Manfred Engelmayr, Birgit Kellner und Christian Schlechter erst einmal damit beschäftig, sich die Requisiten auf der Bühne zurechtzurichten. Dabei werden Overheadprojektoren verschoben und eine kleine, improvisierte Drehbühne aufgebaut. Schließlich brauchen die Puppen, die danach in Erscheinung treten, auch ein dementsprechendes Umfeld.

Sind wir Freunde?

Ein Bär, eine Kuh, ein Salamander, ein Pinguin und eine Schildkröte treten im Lauf der Vorstellung auf. Ob sie Freunde sind oder nicht, wissen sie selbst nicht so ganz genau. Auf alle Fälle machen sie allerlei Unsinn, reden vermeintlichen Blödsinn, tanzen und sind lustig. Und bemerken dabei gar nicht, dass hinter dem Blödsinn hoch Philosophisches steckt und dass der kleine Bär auf der Suche nach sich selbst ist.

Der Bär, der nicht da war (c) Julia Haas

Der Bär, der nicht da war (c) Julia Haas

„Was machst du?“, fragt dieser an einer Stelle den betriebsamen Pinguin, der am Blumenzählen ist. Dabei hat er große Mühe, sich die Zahlen tatsächlich auch zu merken. „Ich denke“, ist seine knappe Antwort und auch, dass er dem Bären zum Denken eigentlich nichts übrig lassen kann. Als der Bär das kleine Wörtchen „schön“ dann noch zu einem Zahlwort für Blumen deklariert, wird es dem Pinguin zu dumm. „Schön“ ist keine Zahl“, kontert er, worauf der Bär meint, dass „schön“ eine Sonderzahl für Blumen sei, die man sich zumindest leicht merken könne.

Viel Musik und eine Taxi fahrende Schnecke

Großen Spaß haben die Kinder, als der mit einem Trenchcoat fein ausstaffierte Salamander auf der E-Gitarre einen Rock´n Roll zum Besten gibt und dabei die Kuh mit dem schönen Wimpernaufschlag sein größter Fan wird. Herrlich die Idee des Autors, eine Schildkröte als Taxi auftreten zu lassen, wobei man sich den Kopf zerbrechen muss, ob es sich um ein Schildkrötentaxi oder um eine Taxischildkröte handelt. „Nach geradeaus wollen alle!“, erklärt sie, als sich der Bär eben dort hinbringen lassen möchte. Aber auch, dass der Weg dorthin sehr, sehr weit sei und man geradeaus nur über Verirrungen erreichen könne.

Der Bär der nicht da war (c) Julia Haas

Der Bär der nicht da war (c) Julia Haas

Der Zauber der Vorführung liegt in den häufig eingesetzten Schattenspielen, aber auch in der wunderbaren „feel-good-music“, die zum Teil live auf der Bühne von Engelmayr produziert wird. Nicht zuletzt aber vor allem im grandiosen Text, in dem es dem Bären zum Beispiel möglich ist, „viele, verschiedene Arten von Stille zu hören“. Oder mit welchem das Schildkrötentaxi über den Fort- und Rückschritt direkt beim Mittagessen ankommt.

„Der Bär, der nicht da war“, beeindruckt die Kinder durch die wunderbar lebendige Puppenführung, die nichts verbirgt und dennoch spannend ist.  Die Erwachsenen dürfen sich an der Wandelbarkeit und Durchlässigkeit erfreuen, die der Text fürs Denken, egal in welche Richtung, anbietet. Wie gut, dass der Pinguin doch noch etwas zum Nachdenken übrig gelassen hat! Wer entdecken möchte, ob es dem Bären tatsächlich gelingt, sich selbst zu finden, hat noch bis zum 11. Dezember dazu Gelegenheit.

Kleiner Tipp: Das Kinderbuch gibt es an der Kasse des Dschungel zu kaufen und bereitet den Kleinen unter dem Christbaum sicherlich eine bärige Freude.

Weitere Termine auf der Homepage des Dschungel.

 

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